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FORSCHUNGSBEREICH 3
MOBILITÄT UND ZUGEHÖRIGKEIT
Mobilität macht Andersartigkeit besonders sichtbar. Verflechtung und Entflechtung besonders gut beob-
Die Bewegung von Personen, Objekten und Konzep- achten. Dabei zeigt sich, dass Zugehörigkeit jeweils
ten stellte in allen Epochen bestehende politische, sehr unterschiedliche Aggregatzustände annehmen
soziale, religiöse und regionale Ordnungsvorstellun- konnte. Differenzkategorien entstanden neu, ver-
gen infrage und veränderte sie. Mobilität trug dazu stärkten sich wechselseitig, traten in Konkurrenz
bei, dass Akteure und Gesellschaften Differenzen zueinander oder neutralisierten sich. Mobilität lässt
und Zugehörigkeiten aushandelten und (neu) defi- sich auf diese Weise nicht zuletzt auch als Werkzeug
nierten. Umgekehrt bedingten die sich verändern- verstehen, um die Ambiguitätstoleranz bzw. -intole-
den Zugehörigkeiten die Mobilität von Akteuren. ranz von Gesellschaften zu beurteilen.
Im Jahr 2022 diskutierte der Forschungsbereich unter
Indem der Forschungsbereich diese Phänomene in anderem über die Rolle von mobilen Objekten für die
breiter räumlicher und zeitlicher Perspektive unter- Konstruktion von Differenzen und Zugehörigkeiten.
sucht, stellt er das Narrativ einer stetigen Zunahme Außerdem wurde gemeinsam die Publikation des
von Mobilitätspotenzialen in Frage. Stattdessen Tagungsbands »Mobilität und Differenzierung. Histo-
analysiert er, welche Auswirkungen Diskontinuitäten, rische Perspektiven« vorbereitet.
Umbrüche und schubartige Veränderungen auf Zuge-
hörigkeiten hatten. Epochen- und kulturübergreifend Sprecher (2022): Florian Kühnel, Markus Müller
lassen sich Prozesse der sozialen und räumlichen (bis April) und Stanislau Paulau (bis September)