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IM FOKUS
CONQUERORS AND CONQUERED:
NARRATING THE FALL OF CONSTANTINOPLE
(1453) AND TENOCHTITLÁN (1521)
Workshop im LeibnizForschungsverbund Der erste Workshop »Conquerors and Conquered«
»Wert der Vergangenheit«, im Frühjahr 2022 beschäftigte sich mit der Wahr-
Lab 2.1. »Dynamische Räume« nehmung und frühen narrativen Bewältigung der
07.–08.04.2022 am IEG in Mainz Eroberung Konstantinopels 1453 und Tenochtitláns
Verantwortlich: Denise Klein (IEG) und 1521. Diese Ereignisse stehen symbolisch am Anfang
Thomas Weller (IEG) mit Barbara Henning oder bilden doch zumindest zentrale Wegmarken
(JGU Mainz) und Richard Herzog (JLU Gießen) in der Geschichte der osmanischen und der spani-
schen Expansion. Dennoch wurden sie bislang kaum
gemeinsam betrachtet. Dabei haben beide Ereignisse
Die Forschungsinitiative »Multiple Vergangen- viele Gemeinsamkeiten und verbinden die Geschich-
heiten« im LeibnizForschungsverbund »Wert der ten des Osmanischen Reichs, des christlichen Europas
Vergangenheit« untersucht die Wahrnehmung und und Amerikas. Mit der Eroberung der byzantinischen
narrative Bewältigung europäischer Geschichte von Hauptstadt etablierten die Osmanen ihre militärische
»außen«. Sie leistet damit einen Beitrag für einen und politische Macht im Mittelmeerraum für die
Paradigmenwechsel in der Europaforschung, indem nächsten Jahrhunderte. Die osmanische Expansion
sie Europa – in Dipesh Chakrabarty’s Worten – »pro- im östlichen Mittelmeerraum drängte die Spanier
vinzialisiert« und in eine Geschichte globaler Verflech- und Portugiesen, neue Handelswege nach Asien zu
tung einschreibt. Als konkreter Ausgangspunkt dient suchen und auf diese Weise Amerika zu »entdecken«
der Vergleich der osmanischen und der spanischen und zu erobern, was zur Verlagerung von Handelsrou-
Expansionsgeschichte in der Frühen Neuzeit. Europa ten und zur Entstehung einer globalen Wirtschafts-
gerät auf diese Weise sowohl als gemeinsamer Refe- ordnung führte. Die Eroberungen der beiden Städte
renzpunkt als auch als Scharnier und Mittler zwischen brachten also nicht nur neue Weltordnungen, Insti-
den verschiedenen osmanischen und lateinamerikani- tutionen und Identitäten, sondern auch neue Geo-
schen Wissens- und Geschichtskulturen in den Blick. grafien und Zeitlichkeiten hervor und zwangen die
Die Forschungsinitiative fragt danach, inwieweit die Zeitgenossen, ihre Weltsicht zu überdenken.
Geschichtsschreibungen und Erinnerungskulturen In insgesamt sieben Vorträgen, der gemeinsamen
dieser Regionen auf Europa Bezug nahmen, beispiels- Lektüre zeitgenössischer Quellen in Übersetzung
weise in einer Gleichsetzung der »Franken« mit dem und den anschließenden Diskussionen zeigten sich
christlichen Europa und dem »Anderen« schlechthin erstaunliche Parallelen, aber auch signifikante Unter-
durch frühneuzeitliche osmanische Autoren oder, schiede in der Art und Weise, wie Eroberer, Eroberte
im lateinamerikanischen Fall, in einer Verknüpfung und Mittler in der Alten und Neuen Welt diese beiden
der Geschichte der eigenen Gemeinschaft mit der Wendepunkte erlebten, wie sie ihre Geschichten von
gewaltsamen Eroberung und Kolonialisierung durch Verlust und Triumph schrieben und wie sie Verbin-
die Europäer. Welche Akteure im Osmanischen Reich dungen zwischen ihren jeweiligen Vergangenheiten
und Lateinamerika bedienten sich wann und war- herstellten. Dabei wurden teilweise auch Verbindun-
um europäischer Konzepte und Narrative? Welche gen hergestellt, etwa wenn in spanischen Quellen zur
anderen Formen des Erinnerns, Überschreibens und Eroberung von Mexiko direkt auf die Eroberung von
Vergessens der Vergangenheit konkurrierten mit eu- Byzanz Bezug genommen wurde.
ropäischen Vorstellungen und Erzählungen? Und wie Die Diskussionen werden auf einem zweiten Work-
wirkt diese Auseinandersetzung mit Europa in den shop im Mai 2023 fortgeführt, bei dem es um die Be-
lokalen Erinnerungskulturen bis heute nach? deutung materieller Kultur und Objekte als Zeugnisse
Um dieses epochenübergreifende Vorhaben mit der beiden mit einander verflochtenen Expansions-
seiner weiträumigen Verflechtung zu realisieren, geschichten gehen wird.
bringt »Multiple Vergangenheiten« Historiker:innen
der entsprechenden Weltregionen miteinander in Zum Veranstaltungsprogramm
Austausch. Das geschieht in Form von drei Work- URL: <https://www.ieg-mainz.
shops, die sich auf der Zeitachse vom 15. Jahrhun- de/mediathek/file/2523/E1GRs4e-
dert bis in die Gegenwart bewegen. Ausgewählte aEMEc27ylVWPzNCHp7jzEnQrs-
Beiträge sollen zum Abschluss der Reihe im Frühjahr NMUzCO8HNr0,/media/public/
2024 in einer gemeinsamen Publikation veröffentlicht PDF-Veranstaltung/2022-06-0708-Pro-
werden. gramm-Conquerors.pdf>
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