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WELT IM QUADRAT. MANNHEIM UND werke, städtische Kulturpolitiken und munizipale
DER DEUTSCHE KOLONIALISMUS Konkurrenzen? Wie wurde das Koloniale zur Insze-
nierung städtischer Weltläufigkeit eingesetzt?
Bernhard Gißibl Mannheim, vor dem Ersten Weltkrieg größter Binnen-
2019–2023 hafen Deutschlands und das industrielle Herz Nordba-
Institutionelle Förderung, in Kooperation mit dem dens, war auf ganz eigene Weise in den überseeischen
MARCHIVUM – Mannheims Archiv, Haus der Stadt Kolonialismus eingebunden: Sein Rheinhandel stand
geschichte und Erinnerung in Konkurrenz zum Kolonialhandel der Überseehäfen
Hamburg und Bremen; sein Bürgertum wollte die
Weltläufigkeit der Handelsmetropole in einer umfang-
Lange Zeit wurden die Rückwirkungen des übersee- reichen ethnographischen Sammlung zum Ausdruck
ischen Kolonialismus auf europäische Gesellschaften bringen; und die Nähe der Universitätsstadt Heidel-
vor allem in Form lokaler »Spurensuchen« untersucht. berg beeinflusste die kolonialen Verbindungen der
Erst in den letzten Jahren hat eine stärkere Reflexion Nachbarstadt in Form städtischer Konkurrenz, Koope-
über die »Provinzialisierung der Metropole« einge- ration und teilweiser Arbeitsteilung. Nach einem 2021
setzt. Gab es regional- oder ortsspezifische Prägun- veröffentlichten Sammelband mit biographischen Zu-
gen, wie das Koloniale in unterschiedlichen Städten gängen zu Mannheims kolonialen Verflechtungen wird
und Regionen präsent war? das Projekt 2023 mit einer Monographie abgeschlos-
Wie war beispielsweise das Sammeln sogenannter sen, die sich an ein breites Publikum insbe sondere in
Ethnographica eingebettet in stadtbürgerliche Netz- der Rhein-Neckar-Region wendet.
Historisches Foto der Propagandaausstellung von 1937 in den Mannheimer Rhein-Neckar-Hallen.
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