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FORSCHUNG





























               Mit seinem laufenden Forschungsprogramm zum       Vorstellungen nach. Es fragt danach, wie »Sakralität«
               Umgang mit Differenz in Europa untersucht das     als verhandelbare Ressource zur Herstellung und
               IEG, wie Andersartigkeit und Ungleichheit in der   Überbrückung von Differenz aktiviert oder aufgege-
               europäischen Geschichte der Neuzeit reguliert und   ben wurde. Unter dieser Fragestellung lassen sich die
               begrenzt, aber auch hergestellt und bewahrt wur-  Verflechtungen von Religion, Politik und Gesellschaft
               den. Der Raum »Europa« war durch eine konflikt­   in Europa in einer innovativen Perspektive unter suchen.
               reiche Dynamik gekennzeichnet, die aus vielfältigen   (3.) Differenzerfahrungen wurden in besonderem
               Interaktionen und Verstrickungen herrührte. Diese   Maße durch Mobilität erfahrbar gemacht und
               führten zu Austausch, Aneignung und Integration,   reflektiert. Ausgehend von dieser grundlegenden



                »UMGANG MIT DIFFERENZ


                IM EUROPA DER NEUZEIT«




               aber auch zu Abgrenzung und Konfrontation auf     Erkenntnis, analysiert der dritte Forschungsbereich
               dem Kontinent und jenseits seiner Grenzen.        »Mobilität und Zugehörigkeit« die Bedeutung von
                                                                 Mobilität und – räumlichen, sozialen und ideellen –
               Zwischen 2018 und 2023 führte das Institut das Leit-   Transgressionen für individuelle und gruppenspezifi-
               thema »Umgang mit Differenz im Europa der Neuzeit«   sche Prozesse. Er untersucht, wie transnationale und
               mit drei Schwerpunktsetzungen weiter, die in drei   transkulturelle Grenzüberschreitungen auf religiöse,
               Forschungsbereichen abgebildet werden:            ethnische, kulturelle, soziale und geschlechtsspezifi-
               (1.) Der erste Forschungsbereich behandelt das kon-  sche Zugehörigkeitszuschreibungen einwirkten.
               fliktbehaftete Zusammenspiel von Pluralisierung und   Darüber hinaus reflektiert und fördert das IEG die lau-
               Marginalität. Die Forschungen dieses Forschungs-  fende digitale Transformation historischer Forschung
               be reiches fragen danach, welche Heraus for derung   und Publikation. Die drei Forschungsbereiche beziehen
               Pluralität für das Streben nach Einheit bedeutet und   im Dialog mit dem DH Lab digitale Methoden, Verfah-
               unter welchen Umständen sich Wertschätzung oder   ren und Instrumente in ihre wissenschaftliche Arbeit
               Ablehnung von Vielfalt und Vielheit entwickelte.   ein. Zudem treibt das IEG die gemeinsame Nutzung
               Darüber hinaus verfolgen die IEG-Projekte dieses   und Nachnutzung digitaler Forschungsdaten und
               Forschungsbereiches, wie Individuen und Gruppen in   deren Integration in Open-Access-Publikationen voran.
               eine marginale Position gerieten bzw. diese gezielt für   In den Jahren 2020 bis 2022 hat das IEG die Konferenz-
               ihre Anliegen ein setzen konnten. Wie beanspruchten   reihe »Ein Europa der Differenzen« veranstaltet. Aus
               außerdem bestimmte Akteur:innen, für margina li sierte   ihr gehen mehrere Bände in der Veröffentlichungs-
               Grup pen Fürsprache und Anwaltschaft zu leisten?  reihe des Instituts hervor. Sie bündeln wesentliche
               (2.) Im zweiten Forschungsbereich geht das IEG der   Ergebnisse des Forschungsprogramms zum Umgang
               gesellschaftlich wirk samen Dialektik der Sakrali-  mit Differenz im Europa der Neuzeit und zeigen neue
               sierung und Desakralisierung handlungsleitender   Forschungsperspektiven auf (s. S. 108).
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