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Verbinden und Strafen. Die Galeerenstrafe im Alten Reich als translokale Praxis

Die Galeere war der wichtigste Bootstyp im Mittelmeerraum seit der Antike, sowohl für die Kriegsführung als auch für den Transport von Waren. Doch erst um das Jahr 1500 begannen die Regierungen damit, verurteilte Straftäter als Ruderer einzusetzen. Bemerkenswerterweise erreichte dieser Trend auch Länder, die selbst über keine Galeerenflotten verfügten, so etwa auch die Territorien des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Vom späten 16. bis ins frühe 19. Jahrhundert gingen mehrere Reichsterritorien dazu über, Verbrecher mit der Galeerenstrafe zu belegen und sie anschließend zur Strafvollstreckung an die mediterranen Seemächte zu überführen. Bisher ist allerdings nur sehr wenig über das genaue Ausmaß dieser Praxis bekannt – wie viele ‚Kriminelle‘ wurden zur Galeere verurteilt, wer waren die an diesem Prozess beteiligten Akteure und wie wurden die Strafen umgesetzt? Die historische Forschung hat sich bisher nur am Rande mit diesen Fragen auseinandergesetzt, sowohl in Bezug auf den deutschsprachigen wie den mediterranen Raum.
Mein Projekt möchte diese Lücke schließen, indem es die Galeerenstrafe im Alten Reich aus einer umfassenden Perspektive in den Blick nimmt und dabei Quellenbestände und Forschungstraditionen aus verschiedenen Kontexten zusammenbringt. Mein Argument lautet dabei, dass die Galeerenstrafe eine genuin translokale Praxis war. Da die Territorien des Reiches keine eigenen Galeeren besaßen, waren Strafurteil und Urteilsvollstreckung getrennt – nicht nur geographisch, sondern auch politisch. Die Verhandlungen über den Austausch von Sträflingen und die Umsetzung dieses Austauschs in die Praxis verbanden daher ganz verschiedene europäische Obrigkeiten, Rechtssysteme und geographische Regionen. Überregionale Strafvollstreckung, so ließe sich somit sagen, war genauso trug genauso dazu bei, Europa als einen gemeinsamen Raum zu konstruieren, wie Handel, Wissenschaft, Kunst, Krieg oder Diplomatie.