Page 4 - IEG-JB2022
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Das Jahr 2022 war von Veränderungen geprägt –    Das IEG musste auf den völkerrechtswidrigen Krieg
          einige erhofft, andere erwartet und manche über-  Russlands gegen die Ukraine reagieren. Noch im
          raschend. Die Einschränkungen, welche die Corona-  Februar haben wir in einer Erklärung den Angriff
          Pandemie für das IEG mit sich gebracht hatte, wurden   verurteilt und sind der Instrumentalisierung und
          in der zweiten Jahreshälfte weniger, auch wenn sie   Verfälschung der Geschichte durch Vladimir Putin
          noch keineswegs ganz aufgehoben waren. Unsere    entgegengetreten. Unser Institut wurde vor mehr als
          teilweise neuen Arbeitsformen sind jedoch zum    70 Jahren gegründet, um durch die Erforschung der
          Normalbetrieb geworden: mit vermehrtem Arbeiten   Grundlagen Europas die internationalen Gegensätze
          von zuhause, der Nutzung digitaler Angebote und   zu überwinden. In den Zeiten des Kalten Krieges
          mit Videobesprechungen. Glücklicherweise konnten   war das IEG auch ein Ort der »deutsch-sowjetischen
          Tagungen und Workshops in Präsenz stattfinden,   Historikergespräche«. Wir haben im März 2022 For-
          hybrid ergänzt durch Zuschaltungen. Damit ist der   schungs stipendien für Menschen ausgeschrieben,
          dialogische Austausch, der für Geisteswissenschaf-  die flüchten mussten, und konnten vier Personen
          ten so anregend wie notwendig ist, wieder leichter   bei uns in Mainz aufnehmen und fördern. Gleichzeitig
          möglich geworden. Die große internationale Tagung   haben wir gemeinsam mit anderen Forschungs-
          im Schloss Herrenhausen zum Thema »Governing     einrichtungen erklärt, dass wir die individuelle
          Humanitarianism – Past, Present and Future« konnte   Zusammenarbeit mit Kollegen und Kolleginnen aus
          so im Sommer Wissenschaftler und Wissenschaft-   Russland und Belarus, die den Krieg ablehnen, wei-
          lerinnen verschiedener Disziplinen und Karriere-  terführen werden, auch wenn institutionelle Koope-
          stufen mit hochrangigen Expertinnen und Experten   rationen selbstverständlich abgebrochen wurden.
          aus humanitären Organisationen in Person zusam-  Der Jahresbericht zeigt im Einzelnen, wie ertrag- und
          menbringen. Gleichzeitig wurde diese Veranstaltung   erfolgreich im vergangenen Jahr am IEG geforscht
          vom Wissenschaftsportal L.I.S.A. der Gerda Henkel   und publiziert wurde. Im Sinne der Förderung von
          Stiftung aufgezeichnet und ist damit digital lang-  wissenschaftlichen Karrieren können wir viele sehr
          fristig zugänglich.                              erfreuliche Ereignisse hervorheben: zwei Habilita-
          Verändert hat sich auch die Leitung des IEG. Zum   tionen und eine dritte, eingereichte Habilitations-
          1. April des Jahres ging mit Irene Dingel die lang-  schrift; Stipendien und Gastprofessuren am Herbert
          jährige Direktorin der Abteilung für Abendländische   D. Katz Center for Advanced Judaic Studies der Uni-
          Religionsgeschichte in den Ruhestand. Sie wurde   versity of Pennsylvania, der Gerda Henkel Stiftung,
          mit einer Feier in der Akademie der Wissenschaften   dem YIVO Institute for Jewish Research in New
          und der Literatur in Anwesenheit von Clemens Hoch,   York, der Humboldt Universität zu Berlin und an der
          dem Minister für Wissenschaft und Gesundheit des   Sciences Po in Paris; und schließlich Berufungen auf
          Landes Rheinland-Pfalz, und vielen anderen Gästen   Professuren an den Universitäten Wuppertal und
          gebührend verabschiedet. Im Oktober begrüßte das   Halle-Wittenberg. Wir gratulieren allen ganz herzlich.
          Institut die Historikerin Nicole Reinhardt als neue   Zuletzt möchten wir ausdrücklich erwähnen, dass
          Direktorin für europäische Religionsgeschichte, die   das, was das IEG in seinem Jahresbericht an Tätigkei-
          aus dem englischen Durham nach Mainz wechselte.   ten dokumentieren kann, durch zahlreiche Personen,
          Direktorin und Direktor haben, auch mit Blick auf   im Institut und außerhalb des Instituts, ermöglicht
          die anstehende Evaluierung im Jahr 2023, seit ver-  und gefördert wurde. Wir bedanken uns im Namen
          gangenem Herbst einen extern begleiteten Pro-    aller Beschäftigten für die wohlmeinende, tatkräftige
          zess eingeleitet, der noch läuft und das IEG stra-  Beratung und Unterstützung unserer Arbeit, denn
          tegisch in seiner Organisation, den Arbeitsformen   das Leibniz-Institut für Europäische Geschichte lebt
          und dem Forschungsprogramm weiterentwickelt.     von der Zusammenarbeit.
          An ihm sind alle Mitarbeitenden des Hauses, die
          Wissenschaft lerinnen und Wissenschaftler eben-
          so wie diejenigen, die die Forschung unterstützen,   Mainz, im März 2023
          intensiv beteiligt.
                                                           Johannes Paulmann und Nicole Reinhardt



        4     IEG-Jahresbericht 2022 | Geleitwort
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