Religion und Politik. Der »Nationale Verein zur Unterstützung der italienischen katholischen Missionare« und die »Chinesischen Entschädigungen« (1886–1912)
Nach der Gründung des italienischen Nationalstaates (1861) spielte sich – bedingt durch den Konflikt zwischen Staat und Kirche in Italien – ein großer Anteil des „politischen“ Lebens von italienischen Katholikinnen und Katholiken bis ins frühe 20. Jahrhundert in Vereinen, Verbänden, Organisationen und der Presse ab, mehr oder minder vernetzt mit der (partei-)politischen Sphäre. Die Entwicklung des
Nationalen Vereins zur Unterstützung der italienischen katholischen Missionare war eng gekoppelt an das Spannungsverhältnis zwischen Staat und Kirche in Italien. Primär betätigte sich der Verein als Förderer von Bauvorhaben im Zusammenhang mit den italienischen Missionen und war, unter anderem, in die Auszahlung der Indemnitätszahlungen (sog. „Chinesische Entschädigungen“) im Nachgang des Boxerkrieges in China (1899-1901) involviert. Mit Fokus auf den Verein und seine gesellschaftlich-politische Situation spannt das Projekt einen Bogen vom politischen Katholizismus zur Zeit des päpstlichen Wahlverbotes, über die italienischen Kolonialbestrebungen und die italienischen Missionen in China bis hin zur zunehmenden „Nationalisierung“ des italienischen Katholizismus vor dem ersten Weltkrieg. Übergeordnet ist die Frage nach der Annäherung und zunehmenden Überlappung der religiösen und politischen Sphäre im imperialen Kontext zwischen 1886 und 1912, vor dem Hintergrund des (Spannungs-)Verhältnisses von Staat/Kolonialismus und Kirche/Mission in Italien.