»Catholic crowd action«: Das gewaltsame Ringen um öffentliche Religion in Europa (1864–1914)
Während der Periode 1864–1914 kam es im ländlichen Europa mehrmals zu Auseinandersetzungen zwischen denjenigen, die den Einfluss der religiösen Kultur und Römisch-Katholischen Kirche im Alltag aufrechterhalten wollten, und jenen, die eine Ausweitung und Festigung des säkularen Raums anstrebten. Diese ›Glaubenskämpfe‹ wurden nicht nur im Parlament und in der Kirche diskutiert, sondern hatten auch eine Auswirkung auf den lokalen Raum. Das Projekt von Eveline G. Bouwers fragt nach dieser Auswirkung. Mithilfe eines mikrohistorischen und vergleichenden Ansatzes untersucht es, wie Menschen, die keinen oder nur begrenzten Einfluss auf politischen Entscheidungsprozessen hatten, mit dem ›Ringen um Gott‹ in ihrem Alltag umgingen und welche Rolle gewaltsame Protestformen darin spielte. Es analysiert die Motive, Handlungsmuster und Legitimationspraktiken dieser Protestierenden und fragt nach der Verflechtung von religiöser und säkularer Konfliktfeldern. Anhand von Beispielen aus Bayern, der Bretagne und Flandern wird gezeigt, dass Catholic crowd action nicht nur das Ringen um öffentliche Religion beeinflusste, sondern auch einen Beitrag zu der Transformation des politischen Raums im postrevolutionären Europa leistete.