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Beihefte online

Hildo van Engen *


Inhaltsverzeichnis
Der Frieden von Ath (1357): Ein Schiedsspruch zwischen Dichtung und Wahrheit

Gliederung: 1. Einführung
2. Der Brabanter Erbfolgekrieg
3. Heusden
4. Der Friedensvertrag
5. Eine mittelalterliche Chronik
6. Holländisches Brabant
7. Literatur
Anhang: Der Frieden von Ath, Urkunde und Chronik

Anmerkungen
Zitierempfehlung

Text:

Am 4. Juni 1357 verkündete Herzog Wilhelm von Bayern, Graf von Holland und Hennegau, im südwestlich von Brüssel liegenden Städtchen Ath einen Schiedsspruch zur Schlichtung des so genannten Brabanter Erbfolgekrieges. Dieser Krieg, der die Nachfolge der herzoglichen Dynastie betraf, hatte etwa ein Jahr zuvor begonnen und wurde zwischen zwei Schwiegersöhnen des verstorbenen Herzogs Johann III. ausgetragen, nämlich Wenzel von Luxemburg, der zum Nachfolger bestimmt worden war, und Ludwig von Male, Graf von Flandern. Der Friedensvertrag von Ath ist in erster Linie von Bedeutung wegen der direkten politischen Konsequenzen für das Herzogtum Brabant, welche Jahrhunderte lang spürbar blieben. Der Vertrag ist überdies aber auch interessant aufgrund seiner ungewöhnlichen Entstehungsgeschichte. Der holländische Graf scheute sich nicht, seine Position als Vermittler zu benutzen, um seine eigenen Interessen sicherzustellen und mit einer der beteiligten Parteien heimlich Absprachen über den Inhalt der Friedensverhandlungen zu treffen. Opfer dieses dreisten Vorgehens wurde das Brabanter Herzogspaar. Der Frieden von Ath war für Brabant dermaßen herabwürdigend, dass darüber noch lange danach mit Empörung – wenn auch nicht immer wahrheitsgemäß – berichtet wurde. Im 15. Jahrhundert wurde der Vertragstext sogar von einem Dichter übersetzt und in Versform gebracht. Das ist der dritte Grund, dem Vertrag von Ath in dieser Abhandlung Aufmerksamkeit zu schenken.

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2. Der Brabanter Erbfolgekrieg
Herzog Johann III. von Brabant starb am 5. Dezember 1355, ohne einen männlichen Nachfolger zu hinterlassen. Da der Herzog drei Töchter hatte, die alle mit benachbarten Landesherren verheiratet waren, war schon von vornherein klar, dass die Nachfolge nicht problemlos vonstatten gehen würde. Schon 1354 war ein Vergleich bezüglich der herzoglichen Erbschaft von Kaiser Karl IV. genehmigt worden: die älteste Tochter, Johanna, würde Herzogin, während ihre zwei Schwestern Margaretha und Maria finanziell entschädigt werden sollten. Unter dem Druck des flämischen Grafen Ludwig von Male, dem Gatten Margarethas, musste diese Regelung aber revidiert werden, weil Ludwig sich bereits 1347 im Geheimen ausbedungen hatte, dass Margaretha nach dem Tod des Herzogs Johann III. von Brabant in den Besitz der Herrschaft Mechelen und der Stadt Antwerpen gelangen sollte. Da dies die Einheit des Herzogtums erheblich gefährden würde, stieß diese Vereinbarung auf großen Widerstand seitens der Brabanter Städte und des Adels, die sich noch vor dem Tod Johanns III. zusammenschlossen und erklärten, unter einem einzigen Fürsten in einem ungeteilten Herzogtum bleiben zu wollen. So geschah es, dass Johanns ältester Tochter Johanna Anfang 1356 als der neuen Herzogin von Brabant gehuldigt wurde.

Der herzogliche Status von Wenzel und Johanna wurde aber schon bald von Ludwig von Male und seiner Gattin Margaretha angefochten, die es auf den Besitz der in wirtschaftlicher Hinsicht wichtigen Städte Mechelen und Antwerpen abgesehen hatten. Daraus entwickelte sich in den Jahren 1356 und 1357 ein vehementer Streit. In diesem Brabanter Erbfolgekrieg gelang es dem flämischen Grafen im August 1356 innerhalb weniger Tage, einen großen Teil des Herzogtums für sich zu gewinnen, einschließlich wichtiger Städte wie Brüssel, Löwen, Antwerpen und Mechelen, die bereit waren, den flämischen Grafen als Herzog von Brabant anzuerkennen. Das eigentliche Herzogspaar, Wenzel und Johanna, erhielt nur noch im nördlichen Teil seines Herzogtums Unterstützung in Orten wie Grave, Herzogenbusch und Heusden, direkt südlich des Flusses Maas.[1]

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Die Situation, in der sich Wenzel und Johanna befanden, war so ausweglos, dass sie sich gezwungen sahen, einen Mittelsmann um Hilfe anzurufen, der einen Friedensvertrag aushandeln sollte. Zu diesem Zweck wandten sie sich an Herzog Wilhelm I. von Bayern  – als holländischer Graf genannt Wilhelm V.  –, der sich bis zu diesem Moment aus dem Konflikt zwischen Brabant und Flandern herausgehalten hatte. Wilhelm erklärte sich zur Vermittlung bereit, machte dabei aber zur Bedingung, dass ihm die Herrschaft über das Land Heusden zugeteilt würde. In einer am 29. März 1357 zu Bergen op Zoom ausgestellten Urkunde erklärten Wenzel und Johanna, dass sie Wilhelm ›das Haus und Land von Heusden‹ (»den huyse ende lande van Husden met allen sinen toebehoirten«) übergeben würden, mit Ausnahme des so genannten Glockenschlags (»clocslach«), also des Rechts, die wehrhaften Männer aus dem Gebiet mittels Glockengeläuts zur Landesverteidigung aufzurufen. Dieses Recht blieb also in Brabanter Hand. Weiter bevollmächtigte das Brabanter Herzogspaar Wilhelm, eine Versöhnung zwischen ihnen selbst und dem Grafen von Flandern anzustreben (»eene zoene te dedinghen«). Sollte der holländische Graf damit Erfolg haben, könne er die Herrschaft von Heusden behalten; wenn es ihm aber nicht gelang, einen Friedensvertrag zustande zu bringen, sollte Wilhelm für Wenzel und Johanna Partei ergreifen und mit ihnen gegen Flandern in den Kampf ziehen. Sobald er in diesem Fall Holland verließe »om Brabant te hulpen te commen ende Vlaendren te schaden«,  sollten ihm tausend Ritter und Soldaten zur Verfügung gestellt werden.[2] Mit dem Erwerb des Landes Heusden sollte für Wilhelm V. ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung gehen.

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3. Heusden
Ursprünglich war das Land Heusden eine kleine, jedoch selbstständige Landesherrschaft, mit welcher der jeweilige Graf von Kleve die Herren von Heusden belehnte. Das Gebiet um das gleichnamige Städtchen hatte in verschiedener Hinsicht eine strategische Bedeutung: Aus der Perspektive sowohl der Grafschaft Holland als auch des Herzogtums Brabant war das Land Heusden ein Grenzbereich, und wegen der Lage entlang der Maas war es auch in wasserwirtschaftlicher und ökonomischer Hinsicht ein wichtiges Territorium. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der Herzog von Brabant und der Graf von Holland beide sehr bemüht waren, ihren Einfluss in diesem Gebiet zu verstärken. Zunächst profitierte der jeweilige Herr von Heusden von diesen Verhältnissen, indem er beide mächtigen Nachbarn, wenn möglich, gegeneinander auszuspielen versuchte. Das änderte sich aber am Ende des 13. Jahrhunderts: Nachdem Johann III. von Heusden eine misslungene Revolte gegen den holländischen Graf Floris V. unterstützt hatte, wurde er gezwungen, die Stadt Heusden dem Grafen zu übertragen. Auf diese Weise kam Heusden in holländischen Einflussbereich, wobei über die althergebrachten Ansprüche des Grafen von Kleve als des höchsten Lehnsherrn hinweggegangen wurde. Der holländische Machteinfluss war aber nur von kurzer Dauer, da Johann von Heusden wenige Jahre später, 1296, in die Ermordung des Grafen Floris V. involviert war, so dass die Grafschaften Holland und Seeland für ihn fortan verbotenes Gebiet waren. Es ist nicht verwunderlich, dass der Herr von Heusden sich unter diesen Umständen dem Herzog von Brabant annäherte; während der ersten Jahre des 14. Jahrhunderts wurden die Beziehungen zwischen Heusden und dem Herzog immer enger.[3]

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Trotzdem gelang es dem holländischen Graf Wilhelm III. – in einer chaotischen Zeit nach dem Tod Johanns IV. von Heusden – Stadt und Land von Heusden 1318 zu kaufen. Dieser Kauf war aber umstritten und führte im Sommer desselben Jahres zu einem bewaffneten Kampf um Heusden, der sich mehr oder weniger zu einem Krieg zwischen Holland und Brabant auswuchs, bis er schließlich durch einen Schiedsspruch beendet wurde. Die Anrechte des Herzogs von Brabant, unterstützt vom Grafen von Kleve, wurden dabei als legitimer beurteilt als die des Grafen von Holland, so dass Heusden in den Einflussbereich des Herzogtums zurückkehrte. In den folgenden Jahrzehnten baute der Herzog seinen Machteinfluss immer stärker aus, bis die vollständige Annexion und Eingliederung Heusdens in das Herzogtum Brabant bevorzustehen schien.[4]

Wenn Stadt und Land von Heusden dann doch – plötzlich und völlig unerwartet – von Brabant an Holland übergingen, so lag dies nur in der aussichtslosen Lage von Wenzel und Johanna begründet, die der Graf von Holland im Frühjahr des Jahres 1357 unbarmherzig ausnutzen konnte. Doch hatte er für diese geschickte Abrundung seines Territoriums noch einen Friedensvertrag zu realisieren.

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4. Der Friedensvertrag
Nach der Übergabe von Heusden am 29. März 1357 wurden die Beziehungen zwischen Brabant und Holland weiter vertieft. Am 12. April versprachen Wenzel und Johanna und Graf Wilhelm V. einander eingehende militärische Unterstützung.[5] Inzwischen hatte Wilhelm sich wahrscheinlich schon an den Grafen von Flandern gewandt mit der Frage, ob dieser bereit sei, einen Frieden mit Brabant zu schließen. Am 4. Mai gab Ludwig von Male Wilhelm die Erlaubnis, zwischen Flandern und Brabant eine Versöhnung (»eenre zoenen ende pais«) zustande zu bringen, der er sich zu unterwerfen versprach.[6]

Wie sich die Unterhandlungen zwischen Wilhelm und Ludwig genau entwickelten, ist unbekannt; es ist aber zumindest klar, dass der holländische Graf in diesen Tagen eine radikale Kehrtwende gemacht haben muss, und vom Brabanter ins flandrische Lager überlief. Dies erweist sich aus dem Versprechen Wilhelms an Ludwig am 5. Mai 1357, dass er in seinem Schiedsspruch acht Bedingungen zu Ludwigs Gunsten aufnehmen würde: Wilhelm versprach, Ludwig die Herrschaft über Mechelen zuzuweisen, und für dessen Gattin Margaretha die Erträge der Stadt Antwerpen sowie eine weitere jährliche Summe auszuhandeln. Weiter sagte Wilhelm zu, dass diejenigen Städte und Adligen, die Ludwig als Herrscher gehuldigt hatten, verpflichtet würden, ihm jährlich jeweils sechs Wochen lang militärische Unterstützung zu leisten. Ludwig wurde außerdem eine Entschädigung in Aussicht gestellt, und jeder sollte die Güter, die er vor Ausbruch des Krieges besaß, zurückerhalten. Wenzel und Johanna sollte untersagt werden, aus dem Nachlass des Herzogs Johann III. etwas zu verkaufen, und Ludwig das lebenslange Recht bekommen, den Titel ›Herzog von Brabant‹ zu führen, da die Brabanter Stände ihn als ihren Herrn anerkannt hatten. Zum Schluss versprach Wilhelm, dass er sich bemühen wolle, etwaige Differenzen bezüglich der Erbansprüche Margarethas zu beseitigen.[7] Wilhelms Bereitschaft, den Wünschen des flämischen Grafen in diesem Ausmaß entgegenzukommen, hängt vermutlich damit zusammen, dass die Übergabe Heusdens vom Gelingen der Friedensverhandlungen abhängig war.

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Die versprochenen Bedingungen waren für das flämische Grafenpaar in jeder Hinsicht vorteilhaft, für Wenzel und Johanna jedoch ganz und gar nicht, und darum sollten sie auch nicht an die Öffentlichkeit gelangen. Ohne Zweifel ist dies der Grund für die Existenz einer zweiten, am selben 5. Mai angefertigten Urkunde, in der Wilhelm Ludwig nur versprach, innerhalb von einem Monat seinen Schiedsspruch in dem Konflikt mit Brabant zu verkünden und bis zum Äußersten zu gehen, um den Frieden zu realisieren, auch wenn die Brabanter Partei ihre Bereitschaft dazu unverhofft aufgeben sollte.[8]

Der Adel und die Städte des Hennegaus, Hollands und Seelands, von deren Mitwirkung die Politik Wilhelms vielfach abhängig war, waren über die geheimen Verabredungen zwischen Holland und Flandern höchstwahrscheinlich nicht informiert worden. Mit ihrem Einverständnis versprach Wilhelm am 15. Mai nochmals, dass er seinen Schiedsspruch spätestens Anfang Juni verkünden würde, und sagte Ludwig militärische Unterstützung zu, falls es ihm bei der Durchführung des Vertrages an etwas mangeln würde.[9]

Kurz darauf konnte der holländische Graf einen Waffenstillstand (»een bestant van den gescille«) erreichen. Am 18. Mai willigte Ludwig darin ein, nachdem Wenzel und Johanna schon vorher ihr Einverständnis erklärt hatten.[10] Schließlich wurde Wilhelm vom Brabanter Herzogspaar am 1. Juni wiederum bevollmächtigt, einen Frieden zu verwirklichen, dem sie zu gehorchen versprachen. Ihre Urkunde wurde von einigen prominenten Adeligen und Städten ebenfalls besiegelt.[11]

Der Frieden trat am 4. Juni 1357 ein. Anders als alle weiter oben besprochenen Texte war die Urkunde des Grafen Wilhelm nicht auf Niederländisch abgefasst, sondern auf Französisch, der Sprache der internationalen Diplomatie. Zuerst wird erwähnt, dass der Graf seinen Schiedsspruch wegen des großen Unheils infolge der Feindseligkeiten zwischen Flandern und Brabant verkündete. Diese würden noch länger andauern, wenn man nicht einen Versuch wagte, Frieden zu erreichen (»bien de pais, concorde et loyal amour«). Zwischen den beiden Parteien solle es Frieden geben, da Johanna und Margaretha Schwestern und beide Länder auch in anderer Hinsicht eng miteinander verbunden seien. Der eigentliche Schiedsspruch des Grafen enthielt die folgenden Bestimmungen:[12]

  1. Fortan gibt es Frieden zwischen Flandern und Brabant;
  2. Die Kriegsgefangenen beider Parteien werden freigelassen, ohne dass ein Lösegeld bezahlt werden muss;
  3. Ein jeder wird wieder eingesetzt in die Güter, die ihm im Krieg entwendet wurden; 
  4. Die Städte Löwen, Brüssel, Nijvel und Tienen und die Adeligen, die den Grafen von Flandern als ihren Herrn anerkannt haben, leisten ihm jährlich jeweils sechs Wochen lang und auf eigene Kosten militärische Unterstützung, und deshalb darf der Graf lebenslang den Titel ›Herzog von Brabant‹ führen; 
  5. Der Graf und die Gräfin von Flandern erhalten wegen der umfangreichen Ausgaben, die sie während des Erbfolgekrieges zu tragen hatten, den Besitz der Stadt und Herrschaft Mechelen, wie es schon früher vereinbart war; 
  6. Zum Ausgleich für ihre Aussteuer, die wegen des Krieges nicht bezahlt worden war, wird Margaretha von ihrer Schwester Johanna mit Antwerpen belehnt; 
  7. Wenzel und Johanna dürfen keinen einzigen Teil des Herzogtums verkaufen oder veräußern; 
  8. Margaretha und Ludwig geloben Johanna von Brabant die vasallitische Gefolgschaft für Antwerpen; 
  9. Alle Brabanter Kaufleute sollen frei und unbehelligt Handel treiben ohne die Bedingungen, die während des Krieges erlassen worden waren.

Die Bestimmungen dieses Friedensvertrages stimmen fast völlig überein mit den Bedingungen, die Wilhelm schon Anfang Mai Ludwig versprochen hatte. Anders als damals wurde jetzt jedoch näher bestimmt, dass Ludwig und Margaretha die Herrschergewalt Wenzels und Johannas anerkennen, und dass sie die Abtei von Affligem nicht länger als Befestigungsanlage verwenden können. Die Entschädigung für Ludwig, von welcher am 5. Mai noch separat die Rede war, wurde offensichtlich mit der Übergabe von Mechelen gleichgesetzt, und im definitiven Friedensvertrag wurde das Versprechen Wilhelms, sich um etwaige Differenzen bezüglich der Erbansprüche Margarethas zu kümmern, nicht mehr mit aufgenommen. Über die Urkunde vom 5. Mai hinaus wurden im Friedensvertrag drei Bestimmungen allgemeineren Charakters hinzugefügt, und zwar die Bestimmungen 1, 2 und 9.

Um Missverständnissen in seinem Vertrag vorzubeugen, fasste Graf Wilhelm am nächsten Tag in Lessines, unweit von Ath, noch acht weitere Artikel separat ab. Mit diesen Anordnungen, die auch auf Französisch formuliert wurden, erklärte und präzisierte der Graf einige Bestimmungen aus seinem Vertrag vom Vortag.[13]

Alles in allem kann konstatiert werden, dass der Graf von Holland seine geheimen, Anfang Mai getroffenen Verabredungen mit dem flämischen Grafen einhielt. Für Wenzel und Johanna müssen die Ergebnisse der Vermittlung Wilhelms äußerst enttäuschend gewesen sein. Sie hatten ihn ins Vertrauen gezogen, er aber hat ihre Interessen verraten, anstatt sie zu verteidigen, und sich dafür sogar noch mit Heusden belohnen lassen.

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5. Eine mittelalterliche Chronik
Obwohl der Vertrag von Ath niemals vom Kaiser ratifiziert wurde und somit formal gesehen nicht rechtsgültig war, hat er die politische Situation des Herzogtums Brabant nachhaltig beeinflusst. Die Enttäuschungen, die es darüber in Brabant gab, finden in der Brabanter Historiographie des 15. Jahrhunderts in ausgezeichneter Weise Ausdruck. Das beste Beispiel dafür liefert eine zwischen 1432 und 1441 anonym verfasste Chronik, die als die Fortsetzung der Brabantse yeesten [Brabanter Chronik] bekannt ist – jener berühmten mittelniederländischen Reimchronik aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts, in welcher der Antwerpener Stadtschreiber Jan von Boendale die Geschichte Brabants aufgezeichnet hatte. Sein Werk kann als die erste nationale Brabanter Geschichtsschreibung betrachtet werden, die dank der Abfassung in der Volkssprache für eine breitere Masse verständlich war.

Der Text Boendales wurde fast ein Jahrhundert später von einem anonymen Autor um nicht weniger als dreißigtausend Verszeilen ergänzt. Diese Fortsetzung behandelt die Brabanter Geschichte beginnend mit dem Tod Herzog Johanns III. 1355 bis zum burgundischen Machtantritt im Jahre 1430. Wie Boendale selbst beschreibt auch sein namenloser Nachfolger die Ereignisse deutlich aus Brabanter Perspektive. Für die Fortsetzung benutzte er eine große Zahl relevanter Urkunden, die er manchmal fast wortgetreu in Reime brachte. Das ist einigermaßen bemerkenswert, da im 15. Jahrhundert der Reim für Chroniktexte nicht länger üblich war und Reimtexte zu dieser Zeit sicherlich nicht mehr den Ruf von Zuverlässigkeit hatten.[14]

In der Fortsetzung der Brabantse yeesten kommen der Brabanter Erbfolgekrieg und die Entstehungsgeschichte des Vertrags von Ath ausführlich zur Sprache. Nachdem der anonyme Dichter ausführlich dargestellt hatte, wie die Opponenten Wenzel und Ludwig gelobten, sich dem gräflichen Schiedsspruch zu fügen, präsentierte er die Fortsetzung unter der Überschrift »Dit is tseggen hertoghen Willems van Beyeren, sgreven van Henegouwen, van Hollant«, eine versierte Übersetzung in Reimform des ursprünglich in französischer Prosa verfassten Vertrages von Ath vom 4. Juni 1357, was schon wegen des Umfangs dieses Urkundentextes keine geringe Leistung ist. In der Chronik nimmt die Übersetzung fast dreihundertfünfzig Verszeilen ein![15] Damit ist der Vertrag von Ath vermutlich ein sehr seltenes Beispiel eines in Reime gesetzten Friedensvertrags. Die Übersetzung in der Chronik folgt ziemlich genau dem Wortlaut der Urkunde.[16] Auch die separaten Artikel vom 5. Juni werden in der Chronik dargeboten, allerdings in paraphrasierter Form.

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Nachdem der namenlose Dichter also anhand von Urkundentexten sachlich die Tatsachen präsentiert hatte, hielt er die Zeit für gekommen, seine eigene Meinung zu äußern. Dabei widmete er der Übergabe des Landes Heusden besonders viel Aufmerksamkeit. Faszinierend ist es zu sehen, wie der Übergang Heusdens und der Vertrag von Ath in der kollektiven Erinnerung des 15. Jahrhunderts derart miteinander verknüpft waren, dass ganz allgemein davon ausgegangen wurde, Graf Wilhelm habe die Regelung bezüglich Heusdens in seinen Vertrag mit aufgenommen. Die vom anonymen Dichter in extenso dargestellten Urkunden melden darüber aber gar nichts:

»Nu willen eneghe seggen meere,
als dat grave Willem, die heere,
oec soude hebben gheseit, int fijn,
in dit seggen: ›Hosden mijn‹.
Des en es niet; hets gheloghen,
daer sonder en hadt niet wesen mogen,
die brieven en souden van dien saken
emmer eneghe mensie maken.«[17]
Deshalb lässt der Chronist wissen, wie der Graf wirklich in den Besitz von Heusden gelangte, nämlich indem er es sich einfach aneignete:
»Al en seide hijt in dien seggen niet,
soe eest andersins gheschiet.
Want men wel weet, onghelogen,
dat hijt aen hem heeft ghetoghen.
Met onrechte: het en was niet sijn,
maer hi maecter af: ›Hosden mijn‹.«[18]
Der Dichter suggeriert hier, dass der holländische Graf sich Heusden unrechtmäßig angeeignet hat. Er untermauert seine Behauptung mit dem Argument, dass Heusden vor Ausbruch des Brabanter Erbfolgekrieges noch ordnungsgemäß zu Brabant gezählt wurde. Anschließend bricht der Dichter seine chronologische Darlegung ab, um zu erklären, wie Heusden schon im 13. Jahrhundert von Herzog Johann III. unterworfen worden war, nachdem der Herr von Heusden versucht hatte, sich Holland anzunähern. Seitdem seien – so der Dichter – Burg, Stadt und Land von Heusden herzogliches Lehngut gewesen, trotz des widerrechtlichen Verkaufs Heusdens an den Grafen Wilhelm III. von Holland im Jahre 1318. Überdies hätten Wenzel und Johanna von Brabant feierlich versprochen, das Land von Heusden niemals von Brabant zu trennen.[19] Der holländische Graf habe also kaum etwas mit Heusden zu tun:
»Aldus eest openbaer bekant
dat die greve van Hollant
daer aen en hadde clein noch groot,
al stac hi daer in sinen poot. […]
Als tvorseide orloghe was gheresen,
heeft hi Hosden, borch ende lant,
al ghetogen aen sijn hant,
ende voer sine ghehouden twaer,
al en doet hij gheen verclaer
noch in sijn seggen gheen ghewach,
als men hem te vragen plach
hoet met Hosden soude sijn,
soe mocht hi seggen: »Hosden mijn«!
daer af dat die worde vorscreven
noch al int ghemein sijn bleven.«[20]
Nochmals wird dem Grafen vorgeworfen, dass er in dem Vertrag von Ath Heusden mit keinem Wort erwähnt hatte, sich dessen ungeachtet aber in dem Kampfgewühl zwischen Wenzel und Ludwig diese Güter angeeignet hatte unter dem Motto: ›Heusden mein‹.

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Interessant ist die Mitteilung des Dichters, dass die Wörter »Heusden mein« noch ›allgemein bekannt geblieben sind‹ (»noch al int ghemein sijn bleven«). Hiermit wird auf den Bekanntheitsgrad verwiesen, dessen sich der Ausdruck »Heusden mein« im 15., möglicherweise schon im 14. Jahrhundert offenbar erfreute. Tatsächlich wurde dieser Ausdruck zu einem geflügelten Wort, welches bis zum 19. Jahrhundert in unterschiedlichen historiographischen Werken auftaucht. Seit etwa 1500 wurde die erweiterte Form »Heusden mein, Mechelen dein« üblich, womit habgierige Leute bezeichnet wurden, oder Menschen, die nur ihre eigenen Interessen im Auge haben.[21]

Obwohl der namenlose Dichter nachdrücklich hervorhebt, dass er ein altes Missverständnis aufklärt –  nämlich, dass Graf Wilhelm sich mittels des Vertrages von Ath Heusden zugeeignet hätte –  schafft er gleich ein neues, indem er vorsätzlich die Wahrheit verdreht. Dass die Übergabe Heusdens in Wirklichkeit schon am 29. März 1357 schriftlich festgehalten worden war, bleibt in der Chronik nämlich völlig außer Betracht. Der anonyme Dichter der Fortsetzung war aber mit dem Urkundenmaterial bestens vertraut, so dass er auch diese Urkunde gekannt haben muss. Somit ließ er die Vereinbarung vom 29. März also ganz bewusst aus seiner Geschichte weg, damit das vermeintlich widerrechtliche Gepräge des Vorgehens des holländischen Grafen besser zur Geltung kam und die Argumentation an Nachdruck gewann.

Die Fortsetzung der Brabantse yeesten hat auf die spätere Brabanter Geschichtsschreibung so großen Einfluss ausgeübt, dass sich die Empörung über das Auftreten des Grafen noch über Jahrhunderte hinweg gehalten hat.

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6. Holländisches Brabant
Die große Aufmerksamkeit, die in der Historiographie auf den Frieden von Ath gerichtet wurde – die Brabantse yeesten sind wohl das beste Beispiel dafür –, zeigt, welch heikles Thema der von Brabant erlittene Verlust auch lange danach noch immer war. Dass der Blick dabei vor allem auf Heusden gerichtet wurde (das ja genaugenommen kein Bestandteil des Ather Friedensvertrags war), lässt sich zum größten Teil daraus erklären, dass im Laufe des 15. Jahrhunderts Antwerpen wieder in Brabanter Hände fiel, und Mechelen sich von Flandern löste und eine selbständige Entität wurde. Heusden blieb aber unvermindert holländisches Besitztum, und dies trug dazu bei, dass es zu einer Art Symbol für das Unrecht wurde, das der holländische Graf in Brabanter Augen verübt hatte. Die Brabanter fanden sich hiermit nicht ohne weiteres ab und bemühten sich lange, dieses Unrecht rückgängig zu machen.

Nachdem schon im 14. Jahrhundert Wenzel selbst Versuche dazu angestrengt hatte, ergab sich 1420 eine hervorragende Gelegenheit, das Land Heusden wieder in Brabanter Hände zurückzugewinnen. Im Rahmen eines Streits um die Nachfolge des verstorbenen Grafen Wilhelms VI. von Holland wurde Heusden in jenem Jahr von einer kleinen Brabanter Armee eingenommen. Die holländische Erbin, Jakoba von Bayern, war zwar verheiratet mit Herzog Johann IV. von Brabant, doch vermochte dieser nicht, den rechtmäßigen Erbanspruch Jakobas gegen ihren Onkel Johann von Bayern zu verteidigen. So gelangte Johann ziemlich einfach in den Besitz der Grafschaften Holland und Seeland. Diese Situation wurde von den Brabanter Ständen aber nicht akzeptiert; sie traten erfolgreich für Jakoba ein und konnten deshalb 1420 Heusden und die holländische Nachbarstadt Geertruidenberg erobern. Jakoba ließ sich dort feiern, aber unter Brabanter Druck geschah das nicht in ihrer Eigenschaft als Gräfin von Holland, sondern als Herzogin von Brabant. Eine tatsächliche Annexion durch Brabant war jedoch nicht erreichbar, so dass eine juristische Konstruktion ausgedacht werden musste, um Heusden trotzdem an Brabant binden zu können: Stadt und Land von Heusden sollten fortan brabantisch bleiben, bis alle Kosten im Rahmen des Brabanter Feldzugs gegen Heusden und Geertruidenberg zurückerstattet wären. Man versäumte aber, irgendetwas schriftlich festzulegen, und so blieb auch dieser Brabanter Anspruch letzten Endes ohne Wirkung. Jedoch tauchte diese Bestimmung regelmäßig in den Brabanter Quellen wieder auf, zum Beispiel in den »Blijde inkomsten« (französisch: Joyeuses entrées), die Bestätigung der geltenden Privilegien eines neuen Herzogs bei seinem Einzug. Zum letzten Mal geschah dies in der »Blijde inkomst« Philipps II. 1549.[22]

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Die Unruhe bezüglich Heusden kam im Laufe des 15. Jahrhunderts in eine neue Phase, als sowohl Holland (1428) als auch Brabant (1430) in das burgundische Reich aufgenommen wurden und somit in einer Personalunion miteinander verbunden waren. Dies führte zu der Situation, dass Herzog Philipp von Burgund als Landesherr von Holland versprechen musste, das Land von Heusden bleibe holländisch, während er gleichzeitig als Herzog von Brabant in aller Deutlichkeit zu erklären hatte, dass er die Brabanter Ansprüche auf Heusden unterstütze. Dieser Widerspruch wurde 1452 vom burgundischen Herzog beendet, als dieser entschied, dass Burg, Stadt und Land von Heusden zur Grafschaft Holland gehörten. Interessant ist übrigens, dass der (drohende) Verlust der Brabanter Autonomie infolge der Integration in den burgundischen Herrschaftsverband in den Jahren um 1430 der Brabanter Geschichtsschreibung einen starken Impuls gegeben hat, wie er zum Beispiel zum Ausdruck kommt in der ausführlichen Erörterung, die der Heusdener Frage in den Brabantse yeesten zuteil wurde.[23]

Dennoch fügte man sich in Brabant auch nach 1452 nicht einfach der Zuteilung Heusdens an Holland, wie schon von P. Hoppenbrouwers dargelegt wurde. Trotz des fortwährenden Brabanter ›Vorbehalts‹ ist die holländische Souveränität über Heusden jedoch nicht mehr ernsthaft bedrängt worden. Als Heusden während des Aufstands (»de Opstand«) gegen die Spanische Regierung 1577 endgültig die Seite der Generalstaaten wählte, war die territoriale Beziehung mit Holland auf Dauer sichergestellt.[24]

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Letztendlich war ein Umbruch nötig, um die holländische Souveränität über Heusden zu beenden. Am Ende des 18. Jahrhunderts, nach der Französischen Revolution, machte die Republik der Vereinigten Niederlande der Batavischen Republik Platz, was mit einer durchgreifenden Revision der Verwaltungsstrukturen einherging. Dazu wurden unter anderem Pläne entwickelt, die Gebietsgrenzen neu einzuteilen: des ›territorialen Gleichgewichts‹ halber sollte die Grenze zwischen den zu errichtenden Departements Brabant und Holland geändert werden. Die Debatte darüber schleppte sich aber so lange hin, dass die beabsichtigte Änderung erst nach der Entstehung des Königreichs der Niederlande vollzogen wurde. 1815 wurde gesetzlich festgelegt, dass ein erheblicher Teil der Provinz Holland, darunter das Land von Heusden, künftig der Provinz Brabant angehörte.[25]

Die 1815 zustande gekommene Grenze zwischen den gegenwärtigen Provinzen Süd-Holland und Nord-Brabant ist bis auf den heutigen Tag intakt geblieben. Das bedeutet aber nicht, dass damit auch die Auswirkungen der Ereignisse von 1357 völlig aufgehoben wären. Im Volksmund werden das Land Heusden und einige anliegende Gebiete als ›Holländisches Brabant‹ bezeichnet. Und das nicht ohne Grund, da zum Beispiel Mentalität und religiöse Überzeugung der Bewohner noch immer stark vom Kalvinismus geprägt sind und daher eher als holländisch denn als brabantisch charakterisiert werden können. Das 1357 von Brabant erbrachte Opfer zur Realisierung des Friedens von Ath hat also nicht nur Jahrhunderte lang die politische Einteilung der Niederlande beeinflusst, vielmehr sind nach genau 650 Jahren die Folgen dieses mittelalterlichen Friedensvertrags vor Ort noch immer spürbar.

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7. Literatur

Avonds, Piet / Brokken, Hans M.: Heusden tussen Brabant en Holland (1317–1357). Analyse van een grensconflict, in: Varia Historica Brabantica 4 (1975), S. 1–95.

Boffa, Sergio: Warfare in medieval Brabant 1356–1406, Woodbridge 2004.

Engen, Hildo van: »Heusden mijn, Mechelen dijn«. Over de lotgevallen van een vergeten spreekwoord, in: Historische Reeks van het Land van Heusden en Altena 16 (2007), S. 9–31.

Hoppenbrouwers, Peter C. M.: Een middeleeuwse samenleving. Het Land van Heusden (ca. 1360–ca. 1515), Wageningen 1992 (AAG bijdragen 32), Deel A–B.

Latjes, P.: De wording en bestuurlijke indeling van Hollands-Brabant tijdens de jaren 1796–1815, in: Holland. Regionaal-historisch tijdschrift 14 (1982), S. 168–175.

Laurent, H. / Quike, F.: La guerre de la succession du Brabant (1356–1357), in: Revue du Nord 13 (1927), S. 81–121

Mieris, Frans van: Groot Charterboek der graaven van Holland, van Zeeland en heeren van Vriesland, Leiden 1753–56, Bd. 1–4.

Stein, Robert: Politiek en historiografie. Het ontstaansmilieu van Brabantse kronieken in de eerste helft van de vijftiende eeuw, Löwen 1994 (Miscellanea Neerlandica 10).

Uyttebrouck, André: Le gouvernement du duché de Brabant au bas moyen âge (1355–1430), Brüssel 1975 (Université Libre de Bruxelles, Faculté de Philosophie et Lettres 59, 1–2), Bd. 1–2.

Willems, Jan Frans (Hg.): Les gestes des ducs de Brabant, en vers flamands du quinzième siècle / De Brabantsche Yeesten of Rymkronyk van Braband, Brüssel 1839–69, Bd. 1–4.

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Anhang: Der Frieden von Ath, Urkunde und Chronik

Frieden von Ath, 4. Juni 1357
Originalurkunde: Lille, Archives du Nord, B 269–7882.

Brabantse yeesten
Brüssel, Bibliothèque Royale, Hs. 17017, f. 18r–20v.

 

Dus Guillames de Baiuieres, contes de Haynau, de Hollande, de Zellande et sires de Frize, faisons sauoir a tous que nous, rewardans le grant grief, mortalité et pestilence, qui a estet auoec les arsins et domaiges entre no chier et amé cousin Lodewijc, conte de Flandres, duc de Brabant, conte de Neuers et de Rethenz et sires de Malines, et ses boines villes et pais et bonnes gens, nobles et non noblez, d’une part, et no chier et amé cousin seigneur Wencelin, duc de Luxembourch et de Brabant, et no chiere anthe la duchoise de Luxembourch et de Brabant, leur bonnes villes et pais et bonnes gens, nobles et non nobles, d’autre part, et encore s’en peuist estre ensieuis, se li dessus nommet ne s’en fuissent mis par nostre requeste et pourcach sur nous, qui ce auons empris, pour bien de pais, de concorde et de loyal amour, qui doit estre entre yaus, tant par affiniteit qu’il ont deus seurs germaines et que leur pais sont tenant l’un à l’autre, dont il doiuent estre loyal amit et visin ensamble, et aussi que nous en estiemes et sommes tenu dou meller, pour le cause de ce que nous estons de linage prochain a l’un et a l’autre, et pour abaissier et estindre si grant grief et crueuse emprise, que faite auoient l’un sur l’autre, que toute bonne gent doiuent desirer et estre lyet pour ce est il que nous, dus Guillames de Bauieres dessus nommés, par le pooir que no dessus dit cousin et nostre anthe nous ont donnet, et par leurs lettres ouuertes, de dire et sentensijer no dit, ordenons, declarons et disons no dit dit, en la fourme et manière que chi après s’ensieut.

 

Hertoghe Willem van Beyerlant,
graue van Henegouwen, van Hollandt,
van Zeelant, heere van der Vryeschen rijcken,
doen te weten yegheliken,
aensiende die grote verderffelijcheit,
manslacht ende sterflijcheit,
die van brande sijn aen gheresen,
ende scaden, die hebben ghewesen,
tusscen onsen gheminden verderflijc
onsen neue graue Lodewijc
van Vlaendren, hertoghe van Brabant,
graue van Neuers, dat goede lant,
van Rethees ende van Mechelen heere,
sinen goeden steden, ende vort meere
sinen goeden lieden, edel ende rijcke,
ende onedelen des ghelike
van Vlaendren, ter eender zijde,
ende ons liefs neuen danderzijde
van Lutzenborch, hertoghe Wencelijn,
ende van Brabant, metten vrienden sijn,
daer noch meer quaets wt hadde geresen
hadde dit opnemen niet ghewesen
bij onsen versueke veruolght dus vort,
dwelc wij, om pays, om goet accort,
aen hebben genomen tonser pine,
wt rechter minnen, die sculdich tsine
es tusschen hen onuerbrekelike,
mids dat sij jn huwelike
twee susteren hebben, sij v bekant,
ende oec haerer beider lant
deen aen dander es gheleghen,
soe sijn si sculdich dan te plegen
goeder minnen, ende ghebuersamheit,
tegader, met ghetrouwicheit.
Ende om dat wij, jn rechter trouwen,
van maeghscape sijn daer jn ghehouwen
te blusschen ende te doen belet
alsoe vreseliken opset
als sij daden, jn allen wegen,
sal elc goet mensce sijn genegen,
ende stellen tot peise sijn begert
hier om wij Willem voere verclert
van Beyeren, mids der machtichede
onser neuen, onser moyen mede,
mids openen brieuen, claer bescreuen,
ons die sentencie hebben ghegeuen,
ordeneren wij, ende verclaren
ende seggen ons seggen, ende openbaeren,
jn der vorme, jnder maniere
na volgende nv al hiere:

[1] Premiers, que bonne pais soit entre nos dessus nommés cousins et anthe, leur pays, villes et gens, nobles et non nobles, de che jour en auant sans iamais resmouuoir, pour cause ne occoison qui ait esté entre yaux, iusques au jour d’huy, et que bonne faueur et loyal amour aient l’un a l’autre, en tous cas ossi bien et ossi auant que s’il n’enwissent onques eut nulle dissencion l’un a l’autre, sans faire nul rewart ne reproche, de cose qui auenue soit, en quelconques manière que ce soit, par fait de wiere ne autrement.

[1] Jnden jersten, wij pais wtgeuen
tusscen onse voirseide neuen
ende onser moyen tsine jn vreden
edle, onedle, lant ende steden,
van desen daghe nv vort ane,
ende nemmermeer weder op tstane
om enich ocsuyn dat es gheleden,
tusscen hen, tot den dage van heden,
ende ghetrouwe minne, ende anders niet,
dragen, ocht noit en waer gheschiet,
ende nemmermeer, om dese saken,
orloghe noch vermaen maken.

[2] Jtem que tout prisonnier qui pris ont estet a le cause de ces wieres, tant de l’une partie comme de l’autre, qui paijet n’ont leur raenchon, ou dont li jours de paiement n’est eskens, qui sont en prison ou en recreance, soient quitté et deliuré, sans riens paijer ne estre poursuiwit de nulle renchon, fors que leur frais raisonnablement.
[2] Jtem alle die sijn gheuanghen,
die wile dorloge heeft ghehanghen
jn dene of jn dander partye,
ja alzoe verre als sye
haer ranchoen niet en hebben betaelt
noch daer af dach en hebben ghetaelt,
maer die gheuangen sijn buten desen,
selen quijt ende vry wesen
met redeleken coste, sonder te doene
veruolch van enegen ranchoene.
[3] Jtem nous rewardans que aucunes personnes pour le dit debat et wieres sont eskachiet dou leur et de chou fachent ou puissent faire pourcach, tant de l’une partie comme de l’autre, ou autrement li hayne demourroit entre les dis paijs, s’il ne reuenoient sur le leur, disons que pour bien de pais et de concorde cascuns reuiegne sur le sien, en tel point qu'il le treuue en tel fourme et maniere qu'il le tenoit pardeuant les wieres dessus dictes et foient en bonne et ferme pais sans faire nule ramenteuanche des debas ne des choses qui auenues sont et se fera nos chiers cousins li contes de Flandres vuidier se warnison d'Afflighem, et remettre l’abbé et sen conuent ens, et deffaire se fortereche, et ne porront no dit cousin de Flandres ne de Brabant dore en auant le dite eglise apriesser, de faire maison deffensaule, comme cest eglise et ordene, appartenans au seruiche Nostre Seigneur, et demourra dore en auant comme abbeye et maison de religion, sans iamais faire, ne de l’une partie ne de l’autre, nulle fortereche.
[3] Jtem wij sien aen dat ghone
dat om den twist enege persone
ute den haeren sijn verdreuen,
ende mids den orloge wt sijn bleuen,
die volgen ocht volgen mochten bi tide,
jn deen of jn die ander zijde,
daer af mocht bliuen haet ocht nijt,
hier na, jn toecomender tijt,
op dat elcken, die es verdreuen,
tsine niet weder en waere ghegeuen.
Soe seggen wij, om goede eendrachticheit,
om pays der lande voerseit,
dat elc opt sine comen sal,
jnder vormen ende manieren al
dat hijt voer den orloghe
te houden plach, sonder prologhe,
jn peyse, sonder vermaninghen
vanden vorleden dinghen.
Ende sal ons gheminde neue doen
van Vlaendren ruymen sijn garnisoen
van Haffligem, ende in regement
den abt setten, jn sijn couent,
ende vort bij geen van onsen neuen
en sal daer werhuys sijn verheuen,
noch belasten van nv vort,
maer laten tgodshuys, soet behoert,
den dienst Gods daer jn te doene,
als huys van religioene.
[4] Encore disons et ordenons, pour tant que les bonnes villes de Brabant et aucuns des baneres, cheualiers et escuiers dou dit pays fisent foit, serement et hommaige a no dit cousin de Flandres, que dore en auant le vie de no dit cousin, les villes de Louuaing, de Brousselle, de Niuelle et de Thielemont le seruiront, cascune ville vne baniere a escuches de ses armes, et desous cascune baniere vint cinq hommes d’armes, sijs sepmaines durant, sur le coust et le frait dou pais et des dictes villes de Brabant, vne fois l’an, toutes fies que nos dis cousins de Flandres ara host de sen dit pais de Flandres, encontre tous, hors mis le duc et le ducesse, no anthe, et le pais de Brabant, et entre ches quatre banieres ara deus baneres et deus cheualiers, et, parmi tant, nos dis cousins doit quitter les dictes bonnes villes de Brabant, les chevaliers et escuiers de leur foy et saarement que fait li ont, et anuller et rendre les lettres que faites en furent, et ossi pour chou que par le certaine requeste, que les dictes bonnes villes et les chevaliers et escuiers de Brabant, qui iuret auoient, par leur conseil et accort, nos dis cousins emprist le title de duc de Brabant, jl li demoura, s’il li plaist, toute se vie, pour le seruice qu’il doit auoir d’yaus, si que dit est.
[4] Noch seggen wij ende ordeneren
om dat somme steden ende baenritsheeren
van Brabant, ridders ende knechte vercoren,
manscap, trouwe ende eet geswoeren
hebben onsen vorseiden neue
van Vlaendren, soe lange als hi leue,
dat Louen ende Bruessel mede,
Niuele ende Thienen die stede,
hem eens des jaers alle viere
dienen, elc met eenre bannier
van haerer wapen, verstaet den sijn,
van ses weken den termijn,
onder elc XXV man
ghewapent, wanneer si van
onsen neue des werden versocht,
tegen wien dat wesen mocht
sijn orloghe, behouden daer jnne
den hertoghe ende der hertoginne,
onser moyen van Brabant,
of oec tegen haere goede lant.
Onder dese banieren sullen wesen
II baenrutse, II ridders gepresen.
Dit sullen sij doen, als vore ghenant,
ten coste des lands van Brabant.
Ende mids dien sal ons neue vorseit
quijt schelden trouwe ende eyt
den goeden steden van Brabant,
ende den edelen, ende te hant
te nieute doen ende ouergeuen
die brieue, diere af waren gescreuen.
Ende want, ten versuecke der steden
enten edelen, die hem eet deden,
ende bij haeren rade, ons neue tzier vromen
den titel heeft aenghenomen
hertoge van Brabant hem te scriuen,
soe sal hem dien titel bliuen,
op dat hi wille, al zijn leuen,
om des dienst wille vorscreuen.
[5] Jtem comme nos chiers et amés cousins li contes de Flandres li peres, iadis de bonne memoire, si acquist et acata le ville de Maslines, les villiaus et appartenanches d’icelle, et nos tres chiers et amés sires et oncles li roys Phelippes de France, qui Diex fache bonne merchit, en ordenast et desist que, pour chou que nos dis cousins quitteroit le dit markiet, jl aroit quatre vins sijs mille et chuinq cens royaus d’or, et il soit ensi que nos dis cousins de Flandres a present si ait eut grans cous, frais et domaiges, en ches wieres durans, a le cause de chou que tenut ne li fu mies le premiere pais et ordenance, qui accordee fu a Aske et sayellee, nous, en restoir et recompensacion de chou, disons, ordenons et declarons que dores en auant il et ses hoirs, contes ou contesse de Flandres, soit sires de le dicte ville de Maslines, des villiaus et des appartenanches et appendances d’icelle, a tous jours perpetuelment et heritablement, en le fourme et maniere que les lettres dou dit accat contenoyent, et que li vesques de Liege et ses capitles l’en rechiurent en foy et en hommaige, des quels on tient la dicte ville de Maslines en fief, a tenir le dit conte de Flandres, no cousin, et ses hoirs, frankement, hiretaulement et perpetuelment, sans autruij auoir ne demander droiture, signerie ne hauteur, et se doit no dicte anthe et nos cousins de Luxembourch et de Brabant, pour le doubte des debas qui s’en porroient naistre en temps auenir, rendre toutes les lettres qu'il en ont de le dicte ordenanche, que nos dis chiers oncles li roys en fist, de le dicte ville de Maslines, deuens trois sepmaines proismes.
[5] Jtem alsoe zalegher ghedochte
ons lieue gheminde neue cochte
(van Vlaenderen ons neuen vader)
die stat van Mechelen, en algader
die dorpen ende haer toe behoeren,
ende ons geminde heere vercoren
ende oem, Philips van Vranckrike,
wiens ziele God van hemelrike
ghenedich si, ordeneerde sijn seggen,
soe wanneer hij soude af leggen
dien coep, die hi hadde ghedaen
ons vorseide neue, soude hi ontfaen
LXXXVIM VC ryeale
van goude, verstaet mijn tale
ende want ons neue nv ter tijt
van Vlaenderen, mids dit ghestrijt,
die wile dorloghe heeft ghereden,
cost ende scade groot heeft leden,
mids dat den peis, sij v verclaert,
die gemaect ende bezegelt waert
tot Assche, alzoe die brieue wt spreken,
hem niet ghehouden en was sonder breken,
soe seggen wij ende ordeneren,
om sijn scade te compenseren,
ende in beternessen van desen dingen,
dat hi ende sijn nacomelinghen,
grauen ende grauinnen mede,
sullen heere sijn vander stede
van Mechelen, ende al haer aencleuen,
erflec, eewelec, sonder begeuen,
jn alder vormen, jn alder saken,
dat die brieue des coeps mensie maken,
alsoe hi eet ende manscap dede
den bisscop enten capittel mede,
daer men af hout die stat te lene,
openbaerlijc jnt gemene,
dat die ons neue van Vlaenderen al
eewelec vry behouden sal,
hi ende sijn oer, jn erflecheden,
sonder jement anders heerlicheden
daer jn te hebben, oft enich recht,
ende sal ons vorseide moye sleght
ende ons neue van Lutzenborch
ende van Brabant, om tbesorch
dat toe comende mocht op risen,
ouer geuen ende bewijsen
alle die brieue samentlike
des seggens ons oems van Vranckrike,
die si op Mechelen hebben moghen,
binnen drie weken, onuertoghen.
[6] Jtem comme il soit ensi que no chiere et amee cousine, le contesse de Flandres, ne fust onques assenee ne payé de no tres chier et amé cousin le duc de Brabant sen pere, qui Diex absoille, dou droit de son mariage ne de droiture que escheir li peuwist de luj, ne en meubles ne en catels, pourquoy le dicte wiere se commencha, nous, en recompensacion de chou, disons, ordenons, et li accordons a auoir cascun an, pour li et pour ses hoirs qu’elle a a present ou ara de no chier cousin de Flandres, jusques a le somme de dijs mille florins de Florenche par an, et pour celle dicte somme no dicte cousine tenra heritaulement, pour li et pour ses hoirs deuant nommés, en fief et en hommaige de no anthe le ducesse et de ses hoirs, dus de Brabant, la ville d’Anwiers, et toutes les appendances et appartenances entirement, deuens leur frankise, auoec le iustice haute et basse, rentes et reuenues, en rabat des dis mil florins par an. Et ou cas que le dicte ville, les rentes et reuenues dessus dictes ne porroient les dijs mil florins de Florence acomplir, nous li assenerons, par iuste prisie, faite deuens le mois apres le date de ches lettres, de chou qu'il faura de le dicte some de florins par an, es villiaus et reuenues estans au plus pres de le dicte ville d’Anwiers, et de chou deuera no dicte cousine de Flandres faire foy, homaige et seruiche, et nos cousins de Flandres comme ses mambours et leur hoir, sicomme dit est, a no chiere et amee anthe dessus nommee et a ses hoirs, dus de Brabant, ensi que frere et seur maisnet ou maisnee doiuent faire a leur frere ou seur aisnet ou aisnee. Et se doit le ville d’Anwiers deuens trois sepmaines proismes faire serement a no cousine le contesse de Flandres et a no cousin le conte de Flandres comme ses mambours, et parmi tant quant no dicte cousine de Flandres et nos cousins li contes de Flandres comme ses mambours feront faire a yaus de le dicte ville serement, il leur aront enconuent et confermeront frankement a tenir toutes les frankises, priuileges et chartres qu`il ont des dus de Brabant, de temps passet iusques au jour duy.
[6] Jtem alzoe ons gheminde nichte
grauinne van Vlaendren gheen gherichte
van onsen zeere gheminden neue
haeren vader (wien God vergeue
Sijn mesdaet) noch bewijsinghe
ghehadt en heeft, noch betalinghe
van huwelike noch van allen
rechte des haerre mocht toe vallen,
noch jn hauen, noch jn kasteelen
van haeren susterliken deelen,
daer jerst wt sproot die werringe,
wij, als voere een rechtinghe
van desen, seggen ende ordeneren
onser nichten ende acorderen
haere ende haer oeir, ende al
doyr, dat sij namaels crygen sal
van onsen neue haeren man
van Vlaendren, elcx jaers vort an
die somme van XM florine
van Florenchen, goet ende fine,
ende voer welcke somme vorseit
sal ons nichte jn erflecheit,
sij ende haer oer voere ghenandt,
van onser moyen van Brabant
ende van haeren oeyre vort aen,
jn manscape ende te lene ontfaen
die stat van Antwerpen, met al
haeren toebehoerten, groot ende smal,
met neder ende hogher heerlicheit,
jn afslaghe vander sommen vorseit.
Ende of die renten en opcomingen
der vorseider stad niet en volstringen
die XM florine voere gelesen,
sullen wij, na datum van desen,
binnen eenre maent, met justen prijsen,
vanden ghebreke vort bewijsen,
op die naeste renten, daer naest ghelegen,
ende sal ons vorseide nichte hier tiegen
manscap ende eet van ghetrouwichede
doen, ende ons neue mede,
als haere momboer, sijts ghewes,
ende haer oer, als vorseit es,
onser gheminder moyen, ende vort
den oeyre van Brabant, als dat behoort
den joncsten brueder of suster mede,
den outsten te doene, na die zeede.
Ende sal van Antwerpen die port
hulden ende zweren vort,
ten naesten III weken, of daeren binnen,
onser nichten der grauinnen,
ende onsen neue daer toe meere,
als haere momboer ende heere.
Ende mids desen, soe sal
ons nichte ende neue hen houden al,
ghelouen ende confirmeren
vry te houden al haer hanteren,
chartren, priuilegen, uryheden,
die si hebben lange vorleden
vanden hertogen gheworuen
van Brabant, die sijn ghestoruen.
[7] Encore disons et ordenons que de ce jour en auant no chiere et amee anthe, le ducesse de Luxembourch et de Brabant, ne nos cousins li dus de Luxembourch et de Brabant, comme ses mambours, ne peuent vendre, aliener ne eslongier le pays de Brabant en tout ne en partie.
[7] Noch seggen wij, ende ordeneren
jn ons seggen ende declareren
dat van desen dage vort an
ons gheminde moye, noch haer man,
hertoghe van Lutzenborch en van Brabant,
als haer mombaer, tgoede lant
moghen en selen, om ghene letten,
bezwaren, vercopen noch versetten,
noch becommeren, jn ghenen keere,
jn al noch jn deele, nemmermere.
[8] Et encore disons que no chiere cousine le contesse de Flandres, et nos chiers cousins li contes comme ses mambours, doiuent faire foy et homaige de le dicte ville d’Anwiers et des appendances, dont elle sera assenee iusques a le somme de dijs mille florins par an, sicomme dit est, a no chiere et amee anthe le ducesse de Brabant, pour li et pour ses hoirs, dedens les quinse jours apres le date de ces lettres, et il le doiuent recheuoir, et toutes ches dictes raisons, ordenances, et deuises dessus dictes, ou cas que aucuns tourbles y porroit estre, de l’une partie ou de l’autre, nous, dus Guillames dessus nommés, y mettons nostre retenanche en tout ou en partie pour ordener et declarer, si auant que bon nous samblera, pour les dictes parties warder en leur droit et raison, toutesfois que requis en serons, de l’une partie ou de l’autre, dedens le moys apres leur semonce.
[8] Noch seggen wij, met rijpen sinne,
dat ons lieue nichte de grauinne
van Vlaendren, ende ons neue mede
als haer momboer, met eede
zweeren sullen eet van trouwen
om des sij Antwerpen sullen houwen
voer XM penninge voer ghelesen,
des jaers, soe hen dat es bewesen.
Des sullen sij manscap doen ende eyt
onser lieuer moyen vorseit,
voer haere en voer haer oerlinghe,
ende selen gescien dese dinge
binnen XV dagen met lieue,
na die date van desen brieve.
Ende jn al dit seggen vorseit,
of daer eneghe donkerheit
jn gheuiele, van enegher zijde,
namaels in toecomenden tijde,
wij, hertoghe Willem openbaren,
behouden daer jn ons verclaeren,
ons goet duncken, ons declareren,
jn al, jn deele, als wi des weeren
versocht, van enegher partye.

[9] Et parmi toutes ces ordenanches dessus dictes, nous disons que bonne pais soit entre nos dessus nommés cousins et leur pays ensamble, a tous iours mais. Et che dit disons par nostre discrecion, comme poissans, par le forche et viertut que li dessus nommet nous en ont donnet, sur leur lettres et obliganches que faites en ont a nous. Encore disons et declarons, pour plus grant amour et faueur auoir l’un à l’autre, et pour toutes doutez et obscurtés oster, que tous marcheans de Maslines, d’Anwiers, de Louuaing, de Brouselles et de toutes les autres villes de Brabant puissent aler, passer et mener paisiulement et amiablement leurs marchandises de l’une ville a l’autre, sanz nulle nouuelle ordenanche, deffense, ne occoison acoustumer, autrement qu’il n’estoit endeuant le commenchement de ches weres. Et pour tant que li dus de Brabant anchiennement, pour le cause de le seignourie d’Anwiers, s’escrisoit marchis dou Saint Empire, et il soit ensi que par no ordenance dessus dicte, no chiere cousine le contesse de Flandres soit assenee de le dicte ville d’Anwiers, en la maniere que dit est, atenir en foy et en hommaige de no dicte chiere anthe, et de ses hoirs dus de Brabant, nous ordenons et declarons que li titles dou marchit demeure a no dicte anthe et a ses hoirs, dus de Brabant, pour cause de le souueranietet et que on le tient en fief de li.


[9] Ende mids alder ordenanchen, die wye
hebben vorsproken ende wt gheseit,
seggen wy pays, eendrachticheit,
tusschen onse lieue neuen,
haer lande, ende des daer aen mach cleuen.
Ende dit seggen wi mids die cracht,
bij onser discrecien, ende mids macht
die ons onse vorseide neuen
met obligacien hebben ghegeuen,
met bezegelden brieuen wel gheraect,
die ons daer af sijn ghemaect.
Noch seggen wij en verclaren mede,
om meerder minne en vriendelijchede,
deen ten anderen vort aen te dragen,
ende vreese ende donkerheit te verjagen,
dat alle coopliede van Mechelijn,
van Antwerpen, van Louen, wie si sijn,
van Bruessel, ende vanden anderen steden
van Brabant, selen vort met vreden
haer comenscap minlijc hanteren,
vredelec liden ende keeren
deen stat ter andre, met vredsaemheit,
sonder ander nuwicheit,
ocsuyn of nuwe costume te maken,
ende sullen bliuen al die saken
soe sij stonden, van nv vort an,
eer dat orloghe jerst began.
Ende om dat van outs es bleuen
dat die hertogen hebben ghescreuen
van Brabant, alst es blikelike,
mergrauen vanden Roemschen rijcke,
ouermids der heerlecheit
vander stat van Antwerpen vorseit,
ende al eest alsoe dat wij
gheordenert hebben, waer bij
onse lieue nicht van Vlaendren sal
hebben die bewisinghe al
op Antwerpen, groot en clene,
als vorseit es, sal sijt te lene
van onser lieuer moyen ontfaen
van Brabant, ende haeren oeyre vort aen.
Wij ordeneren ende verclaren
jn ons wtsprake, ende openbaeren
dat vort dien titel bliuen sal
onser vorseider moyen, ende al
haeren oeyre, teewegen dagen,
die den name van Brabant dragen,
mids der souerainlijcheit
vander hogher heerlicheit,
ende ment van haere hout te lene.
En tesmoing des choses dessus dictes, nous, dus Guillames de Baiuiere dessus nommés, auons mis et appendut no sayel a ches presentes lettres, qui furent faictes et donnees en no vile d’Ath le jour de le Trinitet, quatrisme jour dou mois de juing l’an de grace mil trois cens cinquante siept. Jn orconden al ghemene
ende in ghetughe der waerheit,
wij Willem van Beyeren vorseit
hebben wthangende ghedruct, met lieue,
onsen zegel aen dese brieue,
jeghenwordich ghemaect, ghegheuen
jn onser stat van Aedt, ghescreuen
opder heileger Driuoldicheit dach,
die IIII daghe jn junio lach,
jnt jaer van gracien openbaer
XIIIC ende seuen ende vijftich jaer.

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ANMERKUNGEN

[*] Hildo van Engen, Dr., Streekarchief Land van Heusden en Altena (Nl), Archivar, zeitweise freier Mitarbeiter im DFG-Projekt »Europäische Friedensverträge der Vormoderne Online«.

Ich danke Stefanie Doll und Ulla Bucarey (München), die so freundlich waren, den vorliegenden Text zu korrigieren.

[1] Laurent / Quicke, Guerre de la succession 1927; Boffa, Warfare in medieval Brabant 2004, S. 3–10.

[2] Originalurkunde in Nationaal Archief zu Den Haag, Archiv der Grafen von Holland, Inv. Nr. 1146. Eine Edition findet man in Van Mieris, Charterboek 1753–56, Bd. 2, S. 867–877, ad 1356 März 29.

[3] Avonds / Brokken, Heusden tussen Brabant en Holland 1975, S. 11–29.

[4] Ebd., S. 29–83.

[5] Laurent / Quicke, Guerre de la succession, S. 114 f.

[6] Van Mieris, Charterboek, Bd. 3, S. 21; WILLEMS, Gestes 1839–69, Bd. 2, S. 536, Nr. 57 (Insertion in Urkunde vom 5. Mai 1357).

[7] Ebd., Bd. 2, S. 536–538, Nr. 57.

[8] Ebd., S. 538 f., Nr. 58.

[9] Ebd., S. 539 f., Nr. 59 (ad 1357 Mai 5.) beziehungsweise S. 541, Nr. 60.

[10] Ebd., S. 541 f., Nr. 61.

[11] Ebd., S. 542 f., Nr. 62.

[12] Der genaue Wortlaut des Vertrages ist im Original diesem Aufsatz im Anhang beigefügt.

[13] Willems, Gestes, Bd. 2, S. 547 f., Nr. 64.

[14] Bezüglich der Fortsetzung siehe Stein, Politiek en historiografie 1994, S. 31–57; zum anonymen Dichter siehe S. 125–141; zum Reim siehe S. 143–153.

[15] Auch der Text der Übersetzung ist im Anhang beigefügt.

[16] Willems, Gestes, Bd. 2, S. 73–76, Verszeilen 2041 f.

[17] Ebd., S. 78, Verszeilen 2153–2160: Nun sagen überdies einige Leute, / dass Graf Wilhelm, der Herr / letztlich auch gesagt hätte / in seinem Schiedsspruch: »Heusden mein«. / Das ist unrichtig; es ist gelogen, / falls das nicht so war, / hätten die Urkunden diese Tatsache / immer erwähnen sollen.

[18] Ebd., S. 78, Verszeilen 2165–2170: Da er es in diesem Schiedsspruch nicht erwähnte, / so ist es anders geschehen. / Man weiß wohl, ungelogen, / dass er es sich angeeignet hat. / Zu Unrecht: es gehörte nicht ihm, / aber er machte daraus: »Heusden mein«.

[19] Ebd., S. 84, Verszeilen 2211–2336.

[20] Ebd., S. 84 f., Verszeilen 2337–2340 und 2354–2364: Also ist öffentlich bekannt / dass der Graf von Holland / damit gar nichts zu tun hatte, / auch wenn er seine Nase da hineinsteckte. / […] / Als der erwähnte Krieg ausgebrochen war, / hat er Heusden, Burg und Land, / sich ganz angeeignet, / und es als sein Eigentum betrachtet, / wenn er das auch nicht erklärt / oder in seinem Schiedsspruch nicht erwähnt, / wenn man ihn zu fragen pflegte / wie es mit Heusden wäre, / dann sagte er: »Heusden mein«! / weshalb der Ausspruch / noch immer allgemein bekannt geblieben ist.

[21] Siehe Van Engen, Heusden mijn, Mechelen dijn 2007.

[22] Uyttebrouck, Gouvernement du duché de Brabant 1975, Bd. 1, S. 51–54; Hoppenbrouwers, Middeleeuwse samenleving 1992, Deel A, S. 6–8.

[23] Ebd., Deel A, S. 8–10. Zu den Konsequenzen der Burgundisierung für die Brabanter Historiographie siehe Stein, Politiek en historiografie 1994, S. 167–206.

[24] Ebd., Deel A, S. 10.

[25] Hierzu siehe Latjes, Indeling van Hollands-Brabant 1982.



ZITIEREMPFEHLUNG

Hildo van Engen, Der Frieden von Ath (1357): Ein Schiedsspruch zwischen Dichtung und Wahrheit, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters (Hg.), Instrumente des Friedens. Vielfalt und Formen von Friedensverträgen im vormodernen Europa, Mainz 2008-06-25 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft online 3), Abschnitt 21–35.
URL: <http://www.ieg-mainz.de/vieg-online-beihefte/03-2008.html>.
URN: <urn:nbn:de:0159-2008062408>.

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