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Martin Peters *
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Text:
I.
Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) gehört zu den wenigen deutschen Gelehrten der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert, der eine Studie über das Europa der Frühen Neuzeit vorlegte. In den Jahren 1804 und 1805 erschien seine sechsbändige Geschichte des europäischen Staatensystems (1500–1800) unter dem Titel »Geschichte der drey letzten Jahrhunderte«, die im Jahre 1806 bereits eine zweite, unveränderte Auflage erfuhr.
In diesem Werk präsentiert sich Eichhorn als Spezialist für europäische Friedensverträge, denn in seinen Analysen nehmen Entstehungsgeschichte, Inhalt, Zielsetzung und Konsequenzen der Vertragsschlüsse breiten Raum ein. Friedensverhandlungen und -verträge sind für Eichhorn, neben dem Einsatz von Militär, das wichtigste Instrument politischen Handelns.
Die zentralen Handlungsmotive der damaligen Mächte sind für den Göttinger Hochschullehrer Eichhorn »Gleichgewicht« und »Hegemonie«, die auch die beiden Schlüsselbegriffe seines Werkes bilden. In Bezug auf Hegemonialabsichten oder die Errichtung eines Kräftegleichgewichts deckt sich seine Interpretation der Friedensverträge, z.B. von Cateau-Cambrésis (1559), Ile des Faisans (»Pyrenäenfriede«) (1659), Rijswijk (1697), Utrecht (1713), Nystad (1721), Paris (1763) und Versailles (1783), in vielen Punkten mit heutigen Forschungsergebnissen. Auch kommt Eichhorn zu erstaunlich modernen Ansichten, wenn er beschreibt, wie sich das europäische Staatensystem entwickelt hat. Seine Einteilung in die drei Phasen »Hegemonie des Hauses Österreich«, »Hegemonie Frankreichs« und »Europa im Gleichgewicht« sowie seine Bewertung einzelner Friedensschlüsse und -kongresse als Epochenschwellen haben auch heute noch nicht, über 200 Jahre nach Erscheinen der Studie, ihre Gültigkeit verloren.
Dabei bleibt Eichhorn freilich der Tradition der »Aufklärung« und speziell der »Göttinger Aufklärung« verhaftet, wenn er davon ausgeht, daß politische Lehren aus der Geschichte abgeleitet werden können, und Frieden unter den Mächten durch Absprachen, Verhandlungen sowie Rechts- und Moralnormen nachhaltig geordnet, gesichert, rechtlich fixiert und gesteuert werden könne. So sehr Eichhorns Werk mit seiner Parteinahme für Großbritannien und seiner Kritik an Papst beziehungsweise Vatikan seiner Zeit verhaftet bleibt, so faszinierend, gewiß auch modern ist das von ihm an die europäische Geschichte angelegte Interpretationsmuster. Denn Europa beschreibt Eichhorn bereits als Kommunikationsraum, der sich im Laufe der Zeit zunehmend verdichtet und für den Friedensverträge die Grundlagen für Transfers, dynastische Heiraten und Handel darstellen. Die Diplomatie ist dabei für Eichhorn die Grundlage und das Vehikel binneneuropäischer Verständigung.
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Eichhorns internationales Renommé speist sich jedoch nicht aus seinen Arbeiten als Historiker in Göttingen, sondern auffälligerweise aus seinen Studien zur Theologie und Bibelwissenschaft. Zu nennen sind hier seine Werke »Historisch-kritische Einleitung in das Alte Testament" (Leipzig 1780–83) und »Einleitung in das Neue Testament« (Leipzig 1804–14). Der Historiker Eichhorn jedoch war lange Zeit unbekannt und blieb unrezipiert. Noch in dem 1987 veröffentlichten Jubiläumsband »Geschichtswissenschaft in Göttingen« ist Eichhorn unerwähnt.[1] Von Italien aus wird das Werk des Göttinger Gelehrten in den 1970er Jahren wiederentdeckt und Ende des 20. Jahrhunderts umfassend erforscht. Doch weder Luigi Marino,[2] der Eichhorns Position in der Göttinger Universitätslandschaft untersucht hat, noch Guiseppe D’Allessandro,[3] der seinen Fokus primär auf die universal- und weltgeschichtlichen Arbeiten Eichhorns sowie auf dessen Beitrag an der Formierung des kulturhistorischen Wissenschaftsparadigmas, auf metahistorische, hermeneutische und geschichtsphilosophische Ansätze gerichtet hat, weisen der »Geschichte der drey letzten Jahrhunderte« eine besonders herausragende Bedeutung zu.
Dies allerdings verwundert, denn dieses Europabuch ist durchaus als Spiegel der historischen Europaforschung der Jahrhundertwende zu verstehen. Mehr noch, Eichhorns Werk könnte sogar als »missing link« gesehen werden zwischen der europäischen Staatengeschichte, wie sie von Georg Christian Gebauer (1690–1773),[4] Gottfried Achenwall (1719–1772)[5] und Johann Georg Meusel (1743–1820)[6] repräsentiert wurde, sowie dem 1809 erstmals veröffentlichten Klassiker »Handbuch der Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Colonieen« von Arnold Herrmann Ludwig Heeren.[7]
Johann Gottfried Eichhorn lehrte von 1788 bis zu seinem Tode 1827 als Nachfolger des Orientalisten Johann David Michaelis an der Georgia Augusta zu Göttingen. Als Sohn eines Predigers und späteren hohenlohischen Superintendenten 1752 in Dörrenzimmern (Hohenlohe) geboren, studierte er zwischen 1770 und 1774 in Göttingen Orientalistik, Geschichte und klassische Philologie. Anschließend übernahm er die Stelle des Rektors am Gymnasium in Ohrdruf bei Gotha. Inspiriert durch Schlözers »Vorstellung Seiner Universal-Historie«[8] veröffentlichte er 1775 seine quellenkritisch-kulturhistorische Studie »Geschichte des ostindischen Handels vor Mohammed«.[9] Im gleichen Jahr wurde er an der Universität Jena promoviert und umgehend dort als Professor für orientalische Sprachen berufen.[10] Fortan beschäftigte er sich vornehmlich mit Studien zum Alten und Neuen Testament. 1777, also 12 Jahre bevor Friedrich Schiller ebenfalls in Jena über das Studium der Universalgeschichte reflektierte,[11] veröffentlichte Eichhorn sein Konzept »Über den Umfang und die Methode Akademischer Vorlesungen über die Universalgeschichte«.[12] Eichhorns Jenaer Zeit ist auch geprägt durch seine religionswissenschaftliche Zeitschrift »Repertorium für biblische und morgenländische Litteratur«, die zwischen 1777 und 1786 in 18 Bänden erschien.[13] 1787, im letzten Jahr seiner Lehrtätigkeit in Jena, begann er mit der Publikation der »Allgemeinen Bibliothek der biblischen Litteratur«, die 1803 eingestellt wurde.[14] Nach Göttingen gewechselt, wandte er sich seit 1796 erneut verstärkt politischen und historischen Themen zu und veröffentlichte 1797 »Die französische Revolution in einer historischen Uebersicht«[15] sowie seine »Weltgeschichte«.[16] Neben einer ganzen Reihe von Auszeichnungen und Orden wurde ihm auch der Hofratstitel und der Titel des Geheimen Justizrat verliehen. Eichhorn setzte sich intensiv für die Belange der Universität Göttingen ein und wurde Direktor der Göttingischen Gelehrten Anzeigen sowie der königlichen Sozietät der Wissenschaften zu Göttingen. Seine letzte historische Abhandlung zielt auf die »Urgeschichte des erlauchten Hauses der Welfen«.[17]
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II.
Es ist Eichhorns Verdienst, daß er europäische Friedensverträge neuartig interpretierte, indem er nach Kommunikationswegen und Kooperationen zwischen europäischen Dynastien suchte. Mit seinem Blick auf Hegemonie und Gleichgewicht gelang ihm eine methodische Weiterführung: Fragen zu kulturellen Kontakten der Europäer untereinander, die zuvor primär an Reisebeschreibungen angelegt wurden, übertrug Eichhorn auf Friedensverträge, die er nach Informationen über den politischen Wettbewerb der Dynastien, Handelsinteressen und Heiratsoptionen sowie Transferverbindungen durchsuchte. Dabei griff er auf ein umfangreiches Quellenarsenal zurück.
Friedensvertragseditionen wurden bereits im 17. Jahrhundert als Archiv und Gedächtnis Europas gesehen. Sie waren Referenzpunkte für Fürsten, Diplomaten und Gelehrte, da sie sowohl Nachrichten über die politischen und völkerrechtlichen Beziehungen zwischen den Dynastien enthielten als auch praktische Hilfestellungen für die Ausarbeitung neuer Friedensverträge. Insoweit dienten die bereits abgeschlossenen Verträge als Muster und Vorlagen. Die hohe Relevanz, die Friedensvertragseditionen beigemessen wurde, spiegelt sich auch in der exklusiven Ausstattung der zumeist teuren Prachtausgaben. Im Laufe des 18. Jahrhunderts stieg nicht nur die Zahl der Vertragseditionen, sondern auch das Interesse der Gelehrten nach Auswertung.
Daß Eichhorn Anfang des 19. Jahrhunderts die Vertragseditionen als Quellengrundlage und Belege für seine »Europäischen Geschichte« nutzte, war insofern keineswegs neu. Denn es existierten bereits deutsche Darstellungen der europäischen Geschichte unter explizit methodischem Rückgriff auf europäische Friedensverträge, wie etwa die zweibändige »Historie der Balance« von Johann Jacob Schmauß‘ (1690–1757)[18] und die »Pragmatische Staatsgeschichte Europens von dem Ableben Kaiser Carls 6« (1762–1769) von Johann Christoph Adelung (1732–1806).[19] Beinahe zeitgleich mit Eichhorns Werk erschien auch die Studie »Geist der merkwürdigsten Bündnisse und Friedensschlüsse des achtzehnten Jahrhunderts« (Gera und Leipzig 1801–1804) aus der Feder des Schlözer Schülers Christian Daniel Voss (1761–1821).[20]
Innovativ war aber hingegen, daß Eichhorn Friedensverträge als Quellen und Zeugnisse anführte, um kommunikative Strukturen der europäischen Mächte untereinander freizulegen, womit den im ausgehenden 18. Jahrhundert gerne ausgewerteten Reisebeschreibungen eine ernstzunehmende Konkurrenz erwuchs. Die Impulse für diese andere Beschäftigung mit Friedensverträgen erhielt Eichhorn durch das spezifische Profil der Göttinger Universität. Hier nämlich wurden Diplomaten ausgebildet, nicht zuletzt dadurch, daß sie lernten, Friedensverträge kreativ zu gestalten. Eine Koryphäe auf diesem Gebiet war der Völkerrechtler Georg Friedrich von Martens (1756–1821), der zeitgleich mit Eichhorn in Göttingen lehrte und der die »Recueil des principaux traités d'alliance, de paix, de trêve, de neutralité, de commerce, de limites, d'échange etc.« (1761–1801) herausgab. Martens legte seinen Hörern in seinen Veranstaltungen ausgewählte Verträge vor oder ließ sie fiktive entwerfen, damit sie Völkerrecht und Geschäftsstil erlernten.[21] Aus der Vorrede der Sammlung »Ruhe des jeztlebenden Europa« aus dem Jahr 1726/27 wird deutlich, welch hoher Stellenwert bei der Diplomatenausbildung Friedensverträgen zukam. Sie wurden auf eine Stufe mit Verfassungen gestellt:
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»[...] denn Frieden-Schlüße/Verträge und andere Tractaten zwischen den Souverains/seynd eigentlich die wahre Gesetze/welche die allgemeine Staats-Verfaßung umschreiben; und denjenigen/der ihren Innhalt sich wohl bekannt macht/zu einem gäntzlichen Ministre an einem großen Hof/oder wenigstens zu einem klugen Politico, machen.«[22]
Ein weiterer Impuls, auf Friedensverträge als Forschungsthema zu stoßen, entstand durch die enge Vernetzung zwischen Göttinger Hochschullehrern und Gelehrten der Universität Straßburg. Zwischen beiden protestantischen Universitäten herrschte ein intensiver wissenschaftlicher Transfer, der sich speziell auf die Erforschung der Geschichte Europas bezog. Getragen wurde der Austausch über Schlözer in Göttingen und den Elsäßer Christoph Wilhelm v. Koch (1737–1813) in Straßburg, Verfasser und Herausgeber der Werke »Abrégé de l’historie des traités de paix entre les puissances de l‘Europe depuis la paix de Westphalie« (1796–1797)[23], »Table des traités entre la France et les puissances étrangères« (1802)[24] sowie »Gemählde der Revolutionen in Europa« (1807–1826).[25] Auch in Straßburg bestand eine traditionsreiche Diplomatenschule.[26]
Einen anderen Impuls auf Eichhorn lösten »Querdenker« wie Schlözer aus.[27] Seit Mitte der 1770er Jahre zählte Eichhorn zu einem kleinen Kreis ausgewählter Schüler, die von dem Historiker Schlözer gefördert wurden. Dieser Gruppe gehörten auch der Ungar-Deutsche Johannes von Engel, der Schweizer Johannes von Müller und der spätere russische Hofhistoriograph Johann Gotthilf Stritter an. Die enge Beziehung zwischen Eichhorn und Schlözer hatte dabei über lange Zeit Bestand. Das jedenfalls ist der Eindruck, den auch Caroline Herder hervorhebt, als sie an ihren Ehemann Johann Gottfried Herder 1789 schreibt: »Eichhorn geht nur mit Schlötzer um, u. lebt sehr eingeschränkt«.[28]
Dabei konnten die Unterschiede zwischen Schlözer und Eichhorn nicht gravierender sein. Obwohl beide eine vergleichbare Ausbildung genossen und in Göttingen Orientalistik, Philologie sowie Geschichte studierten, jeweils aus einem Hohenlohischen Pastorenhaushalt stammten, an vergleichender Sprach-, Universal- und Weltgeschichte interessiert waren, und beiden die Mitgliedschaft mehrerer (wenngleich unterschiedlicher) europäischer wissenschaftlicher Gesellschaften übertragen wurde, gestalteten sie ihr Leben grundsätzlich verschieden. Während Schlözer Europa bereiste, mehrere Jahre außerhalb des Deutschen Reiches lebte und dort wissenschaftlich tätig war (Stockholm, Uppsala, St. Petersburg, Straßburg, Paris, Mailand und Rom), verkehrte Eichhorn unauffällig in seinem Göttinger Studierzimmer, das er nur verließ, um seine Veranstaltungen abzuhalten. Während der als frech und sarkastisch beschriebene Schlözer, durchaus konfliktbereit, nur wenig Freundschaften mit seinen Kollegen in Göttingen pflegte, galt Eichhorn als friedliebend, gutmütig und stets gastfreundlich.
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Für die Ausarbeitung der »Geschichte der drey letzten Jahrhunderte« kam es Eichhorn zugute, daß Schlözer, der selbst nie eine Monographie hierzu veröffentlicht hatte, wegen seiner Tätigkeit als Gründer und Herausgeber der auflagenstarken Zeitschriften »Briefwechsel« und »StatsAnzeigen« (1775–1794) eine Autorität auf dem Gebiet der europäischen Staatenbeziehungen war.[29] Deshalb auch wurde Schlözer 1787 die Nominalprofessur für Politik zugesprochen. Im gleichen Jahr hielt er eine Vorlesung über »Europäische Geschichte«. Als Zeichen der Wertschätzung, des Respekts und Engagements für die Erforschung der europäischen Geschichte erhielt Schlözer 1782 ein wertvolles Präsent vom Fürstbischof von Straßburg, Ludwig Renatus von Rohan-Guemene (1735–1803; Fürstbischof seit 1779). Dieser vermachte ihm ein äußerst rares, aber für die Analyse des europäischen Staatensystems wertvolles Geschenk, nämlich die Friedensvertragssammlung des englischen Hofhistoriographen Thomas Rymer (1641–1713) »Foedera, conventiones, literae, et cuiuscunque generis acta publica«, die die Friedensverträge Englands mit auswärtigen Mächten des Zeitraums zwischen 1101 und 1625 umfaßt.[30]
Welche Impulse erhielt Eichhorn von Schlözer? Eichhorn partizipierte an Schlözers quellenkritischer Methode, dessen Systembegriff und dessen Theorie der Statistik.
Seit den 1760er Jahren erarbeitete Schlözer anhand von russischen Chroniken und Gesetzestexten ein quellenkritisches Konzept mit verschiedenen Arbeitsschritten, wie Nachweis der Quellen, Verständnis und Vergleich mit anderen Quellen. Sein Ziel bestand darin, objektive Fakten und Daten zu erlangen, indem er z.B. die ursprünglichen Texte von korrumpierten Handschriften unterschied, sämtliche überlieferte Schriften dazu sammelte und miteinander verglich. Sein Urteil über die Glaubwürdigkeit der Quellen basierte auch auf Kriterien wie Alter der Quelle, Herkunft und sozialer Status der Verfasser.[31]
Darüber hinaus entwickelte Schlözer in seiner »Universalhistorie« die Differenz von Aggregat und System und beschrieb so die Gesamtheit der kommunikativen Verbindungen, also dynastische Heiraten, Handel u.v.m. Schlözers Perspektive auf Europa war dadurch auf eine europäische Binnenstruktur aus politischen, rechtlichen und ökonomischen Transfers gerichtet.[32]
Mit seiner Theorie der Statistik entwickelte Schlözer ein analytisches Instrumentarium, anhand dessen die Macht eines Staates erfaßt werden konnte. Im Fokus stand dabei z.B. die Bevölkerungszahl, die Nutzung der natürlichen Ressourcen und auch die Verfassung. Zum Quellenbestand für statistische Untersuchungen rechnete Schlözer auch Friedensverträge, weil sie nicht nur politische und rechtliche, sondern auch ökonomische Informationen enthielten. Für Schlözer waren Friedensverträge:
»Urkunden, die schon längst dem Publico offen lagen, nur aber nicht genug gebraucht worden sind. Von den GrundVerträgen zwischen Herrscher und Volk, von Friedens- Gränz- Handels- AllianzTractaten etc., haben wir die zuverlässigen Sammlungen von Dumont, von Martens, und vielen andern, die das gründliche Studium ausnemend erleichtern.«[33]
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III.
Mit seinem systematisierenden und statistischen Blick auf Friedens-, Heirats- und Handelsbeziehungen in Europa der Zeit zwischen 1500 und 1800 entdeckt Eichhorn zwei relevante Kategorien, anhand dessen er seine Periodisierung festmacht: Hegemonie und Gleichgewicht.[34]
Hegemonie sah Eichhorn dann gegeben, wenn eine Dynastie »Gesetze« vorschreiben konnte, als »Dictator« auftrat und von anderen Mächten nicht reglementiert werden konnte. Technisierung, Industrialisierung, erfolgreicher Handel und ausgeglichener Staatshaushalt waren für ihn, und hier wird Schlözers Einfluß sichtbar, Quellen hegemonialer Macht. Eichhorn begründet daher die dreißigjährige französische Hegemonie mit den ökonomischen Erfolgen Colberts, durch die die Mittel für die Ansprüche Ludwigs XIV. bereitgestellt worden seien.
Als einziges Mittel, Hegemonieabsichten entgegenzuwirken, bezeichnet Eichhorn das Gleichgewicht von Europa, das somit für ihn die Grundlage der europäischen Politik ist. Das herausstechende Merkmal des Gleichgewichts ist für Eichhorn die Allianz »mindermächtiger Staaten«:
»Die Erfahrung der letzten vierzig Jahre hatte Europa gelehrt, wie sich jede übermüthige Macht, auch wenn keine andere vorhanden ist, die zur Opposition gegen sie gleich stark wäre, durch Allianzen der mindermächtigen Staaten [...] in die Schranken der Mäßigung zurückweisen lasse [...]«.[35]
Dabei verbindet Eichhorn mit dieser Politik eine deutliche Stoßrichtung, nämlich gegen Frankreich seit Ludwig XIV. Das Gleichgewicht ist bei Eichhorn kein freiwilliger Verbund, der auf gleichberechtigter Mitgliedschaft aller europäischen Staaten beruht, sondern ein Instrument zur Bändigung von Hegemonieabsichten, vor allem französischer. Eichhorn stellt daher fest:
»Die Politik mußte nunmehr ihre größte Kunst darin suchen, Frankreich über den Stand der Gleichheit mit den übrigen Mächten von Europa, zu dem es durch seine lange übergroße Anstrengung herabgesunken war, nicht wieder hinaufsteigen zu lassen [...]«.[36]
Ein anderes Merkmal seiner Gleichgewichtstheorie, das Eichhorn ebenfalls aus der Lektüre der Friedensverträge herausfiltert, ist mit dem Begriff Garantiemacht zu umschreiben. Als solche identifiziert er die Niederlande und Großbritannien:
»Mit ihrer Verbindung zu einer gemeinschaftlichen Opposition gegen jede Macht, die sich vergrößern wollte, stand, und mit ihrer Trennung fiel jetzt das wiederhergestellte Gleichgewicht von Europa«.[37]
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Eichhorn identifiziert einen historischen Prozeß des Gleichgewichts von der »Idee« bis hin zum »System«. Die europäischen Staaten des 15. und 16. Jahrhunderts charakterisiert er nur als eine Ansammlung einzelner, auf sich selbst bezogener Mächte, deren Beziehungen noch nicht auf Gleichgewichtsgedanken fußten. Für das 17. und 18. Jahrhundert beobachtet Eichhorn hingegen eine neue Phase der Geschichte des europäischen Gleichgewichts. Dieses neue Gleichgewicht beschreibt er in Anlehnung an Schlözer als ein von einzelnen politischen Maßnahmen unabhängiges, durch zunehmende Verdichtung und Institutionalisierung der Staatenbeziehungen sowie Rationalisierung der Diplomatie verursachtes, selbstgesteuertes System. Er schreibt:
»Das Heil von Europa hieng allein von den schwachen Coalitionen ab, welche die Noth von Zeit zu Zeit zusammenbrachte; und diese führte endlich auf die Idee des Gleichgewichts von Europa, welche gegen das Ende des siebzehnten Jahrhunderts, mehr dunkel gefühlt, als deutlich gedacht, befolgt ward; aber sich nach und nach bis zu einem System entwickelte, das im achtzehnten Jahrhundert die Grundlage der europäischen Politik wurde, und die entferntesten Mächte gegen jeden Staat der nach Vergrößerung strebte, auf den Kampfplatz führte«.[38]
Die Diplomatie ist für Eichhorn zwar das einzige Regelwerk der Friedenswahrung in Europa und diejenige »Kunst des Friedens«, die sich zunächst von Italien aus über ganz Europa ausbreitet.[39] In dieser »Kunst des Friedens« sieht er aber zunächst kein Allheilmittel gegen Konflikte und Krieg, weil sie geprägt sei von »Lug und Trug«, »Treulosigkeit« und »Intrigue«. Er urteilt, daß die Künste der Diplomatie noch nicht ausreichend entwickelt und erprobt seien, und kritisiert besonders die Vertragspartner, die von ihren Aussagen abwichen. Friedensverträge wurden nicht nur gebrochen, sondern führten, wie er erläutert, anfänglich sogar zu instabilen Zuständen. Eichhorn bewertet Friedensverträge zwar positiv, aber moniert, daß es ihnen im frühen 16. Jahrhundert noch an Macht und Durchsetzungskraft gefehlt habe, um Europa zu befrieden: »Den Werth der Ehrlichkeit bey Tractaten sah man noch nicht ein; der ehrlichste und offenste war jederzeit am Ende der Betrogene«.[40] Er schreibt weiter:
»Die großen Staatsverbindungen und die intrigante Politik, welche die Staaten von Europa in ein künstliches, schwer zu übersehendes System vereinigten, nahmen nun ihren vollen Anfang. Die Kriege hörten auf, eine bloße Fehde eines Vasallen gegen seinen Lehnherrn, oder ein Aufstand der Bauern gegen ihren Edelmann, oder eine Streiferey in das Territorium der Nachbarschaft zu seyn. Von nun an setzte jeder Krieg halb Europa in Bewegung, und führte immer mehrere Staaten mit größerem oder geringerem Antheil auf den Kampfplatz«.[41]
Diplomatie, Friedensverhandlungen und Friedensschlüsse sicherten nach Eichhorn in der Zeit um 1500 keineswegs Frieden, sondern erst im Laufe der weiteren Entwicklung.
Eichhorn weist den »realen« historischen Begebenheiten und nachweisbaren Ereignissen einen theoretischen, philosophischen »Überbau« zu, nämlich den dialektischen Dreischritt »Instabilität« (Chaos), »zufällige Koalitionen« (Aggregat) und »instituionalisiertes Gleichgewicht« (System). Die Geschichte des europäischen Staatensystems zwischen 1500 und 1800 teilt er insofern in drei Teile – dies ist durchaus als originärer historiographischer Systematisierungsversuch zu verstehen.
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Der erste Teil der europäischen Geschichte, der durch die Hegemonie des Hauses Habsburgs bestimmt wird, umfaßt bei ihm den Zeitraum von 1500 bis 1660; der zweite Teil zwischen 1660 und 1700 wird durch die Hegemonie Frankreichs und der letzte zwischen 1700 und 1800 durch das sogenannte Gleichgewicht Europas geprägt. Telos dieser Entwicklung ist ein europäischer politischer Körper und ein sich verschränkendes auf dem Gleichgewicht basierendes europäisches Staatensystem:
»Wenn nun gleich hauptsächlich nur Frankreich, Deutschland und die Pforte zusammenwirkten, Österreich von einer übermüthigen Oberherrschaft zurückzuhalten, so nahm doch auch England und Italien an dem Kampf, Periodeweis einen größeren oder geringeren Antheil, und es bildete sich dadurch der neuere allgemeine Staatszusammenhang, durch welchen nach und nach zuerst der Osten, Süden und Westen von Europa, und seitdem sein Norden regenerirt war, ganz Europa ein einziger politischer Körper ward, dessen Theile allesammt es seitdem fühlten, wenn einer von ihnen eine merkliche Erschütterung erlitt. Seit dieser Zeit hörte die Eifersucht der Hauptstaaten auf einander und das Bestreben nicht mehr auf, keinem eine überwiegende Uebermacht zur Unterdrückung anderer einzuräumen«.[42]
Die europäische Geschichte ist bei Eichhorn gekennzeichnet durch Haupt- und Nebenstaaten und in Akteure, die an Einfluß oder Macht gewinnen beziehungsweise verlieren. Zu den Hauptstaaten gehören Frankreich, Österreich-Spanien (Habsburg) und England, zu den Nebenstaaten Ungarn und Norwegen. Zu den »Absteigern« sind das Deutsche Reich, Spanien, Portugal sowie Dänemark zu zählen; zu den »Aufsteigern« rechnet er die Niederlande, Schweden, Rußland und Preußen. In seiner dreihundert Jahre umfassenden Geschichte identifiziert er zwei Akteure, die Hegemonie beanspruchten, nämlich Karl V. und Ludwig XIV. Beide Akteure besaßen je einen ernstzunehmenden Rivalen und Opponenten: Karl V. wurde durch Franz I. von Frankreich und Ludwig XIV. durch Wilhelm III. von England herausgefordert. Die Lichtgestalt der Geschichte des europäischen Gleichgewichts ist für Eichhorn der spätere englische König Wilhelm III.[43]
Diese Periodisierung und Systematisierung, wie sie Eichhorn präsentiert, wird im Großen und Ganzen auch von der modernen Forschung getragen.[44] Und dies gilt auch für Eichhorns Bewertung einzelner Friedensverträge, die die jeweiligen Hegemonie- und Gleichgewichtsphasen markieren und fixieren.
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Es sind vor allem sechs Friedensverträge, die seiner Ansicht nach richtungsweisend für die Geschichte des europäischen Staatensystems sind: Cateau-Cambrésis (1559), der Pyrenäenfriede (1659), Rijswijk (1697), Utrecht (1713), Paris (1763) und Versailles (1783). Der Friedensvertrag von Cateau-Cambrésis (1559 IV 2/4) z.B. markiert bei Eichhorn die erste Phase (1519 bis 1559) innerhalb des Zeitraums »Übermacht des Hauses Österreich«, weil für Eichhorn in diesem Vertrag die Hegemonie der spanischen Linie des Hauses Österreich untermauert wird. Indem er die europäischen Staatenbeziehungen in dieser Zeit mit der Rivalität zwischen Karl V. und Franz I. beschreibt,[45] trägt er zu der Vorstellung eines zweipolig strukturierten Mächtesystems bei.[46] Auch dem Pyrenäenfrieden (1659 XI 7) legt Eichhorn eine herausragende Bedeutung für die Geschichte Europas bei, denn mit ihm beginnt der zweite Zeitraum »Frankreichs Übermacht«. Während Eichhorn den Frieden von Cateau-Cambrésis als Spiegel der Hegemonie Österreich-Spaniens bewertet, sieht er im Pyrenäenfrieden den Beginn der Hegemonie Frankreichs und zugleich das Ende der Übermacht Österreichs.[47] Dabei gibt Eichhorn seine Vorstellung eines zweipoligen Gleichgewichtssystems nicht auf, denn Frankreich wird zeitweise von England und zeitweise von den Niederlanden herausgefordert, während Österreich-Spanien aus diesem Wettbewerb ausscheidet.
Bis zu den Friedensverträgen von Rijskwijk (1697 IX 20 – 1697 X 30) währt bei Eichhorn die französische Hegemonie. Durch diese Verträge setzt für ihn eine neue Phase ein, nämlich die des Gleichgewichts von Europa (1700–1802). Das Besondere dieses Zeitraums ist für Eichhorn, daß das europäische Staatensystem nicht nur durch eine Hegemoniemacht und nur einen Rivalen gekennzeichnet wird, sondern durch multipolare Verbundstrukturen. Damit kommt Eichhorn den Resultaten der modernen Forschung sehr nahe. Auch Klaus Malettke interpretiert die Friedensverträge von Risjwijk dahingehend, daß sie einen Übergang hin zu einem mulitpolaren Gleichgewichtssystem darstellen.[48]
Mit der Konstituierung des Gleichgewichtssystems ist jedoch bei Eichhorn ein stabiler Friede noch keineswegs erreicht. Denn das Gleichgewichtssystem wird für Eichhorn mehrmals gestört und in der Spanischen Erbfolgefrage sogar paralysiert.[49] Erst im Frieden von Utrecht (1713 IV 11) sieht der Göttinger das System des Gleichgewichts als europäische Richtlinie erfolgreich durchgesetzt:
»England selbst gelangte zu den Vortheilen nicht, die es von seinen vielen Siegen in dem langen Krieg hätte erwarten können: doch waren die Grundsätze, die dem Friedensschluß zur Unterlage dienten, die Trennung der spanischen Monarchie von ihren europäischen Nebenländern, dem Interesse von Europa, zur Herstellung des Gleichgewichts unter seinen mächtigern Staaten, gemäs.«[50]
Zur Stabilität trägt nach Eichhorn auch der Frieden von Nystad (1721 IX 10) bei, durch den die Hegemonialbestrebungen Schwedens verhindert wurden. In diesem Zusammenhang erörtert er die Existenz regionaler Gleichgewichtssysteme, die sich unabhängig von dem westeuropäischen entwickelten. Dabei ist ihm bewußt, und hierauf macht auch die moderne Forschung aufmerksam,[51] daß nun Rußland unter Zar Peter dem Großen »zur Dictatur im Norden« aufsteigt.
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Mit der Wiederherstellung des Gleichgewichts von Europa im Frieden von Utrecht beginnt für Eichhorn ein ganz besonderer, nämlich friedlicher Zeitabschnitt. Während in der modernen Forschung das 17. und 18. Jahrhundert als die bellezistischen bezeichnet werden,[52] beobachtet Eichhorn hingegen einen auf dem europäischen Gleichgewicht basierenden 25jährigen Friedenszustand:
»Zwischen 1714 und 1739 dauerte daher das güldne Zeitalter des achtzehnten Jahrhunderts; fünf und zwanzig glückliche Jahre der Ruhe und Erholung; fast ein beständiger Friede zu Wasser und zu Lande. Europa hatte endlich religiös ausgetobt und durch harte Erfahrungen gelernt, daß Bartholosmäusnächte weder Segen für diese Welt noch Heil für jene brächten; der Geist der Philosophie und Humanität keimte endlich durch, und lehrte duldsam seyn: kein Krieg war von nun an mehr ein Religionskrieg. Dagegen strengten sich die Mächte von Europa unter dem Schutz des Friedens an, durch Bevölkerung und Industrie, durch Cultur der Künste und Handwerker die Kräfte wieder zu sammeln, welche sie seit Ludewig XIV verblutet hatten [...]«.[53]
Erstaunlicherweise übersieht Eichhorn bei seiner Darstellung, daß der Nordische Krieg, mit dem er sich selbst intensiv beschäftigt, bis 1720/21 andauerte und daß der polnische Erbfolgekrieg erst 1735 beendet wurde. Zudem brach in den Jahren 1735 bis 1739 Krieg zwischen Österreich, der Türkei und Rußland aus (Friede von Belgrad, 1739 IX 18). Dennoch bleibt für Eichhorn das Gleichgewicht von Europa prinzipiell bis zur Jahrhundertwende 1800 maßgeblich bestehen, und das obwohl es auch, wie er selbst schildert, von der Französischen Revolution und den nachfolgenden Revolutionskriegen herausgefordert und empfindlich gestört wird.
Die Diskrepanz zwischen seiner teleologischen Vorstellung vom Gleichgewicht auf der einen Seite und seiner durch die Lektüre der Friedensverträge gewonnenen detailreichen historischen Kenntnisse auf der anderen Seite wird besonders deutlich bei seiner Rezeption des Präliminarfriedens von Fontainebleau (1762 XI 3) und des Definitivvertrags von Paris (1763 II 10). Obwohl England, wie Eichhorn darlegt, durch diese beiden Friedensverträge zu einer Hegemoniemacht aufsteigt,[54] bleiben für ihn das Gleichgewicht und somit der Frieden in Europa in dieser Zeit generell unangetastet. Diese einander widersprechenden Positionen bringt er durch einen historiographischen Trick in Einklang. Er differenziert nämlich eine kontinentale von einer maritimen Mächte- und Gleichgewichtsordnung. Englands Hegemonie bleibt nach Eichhorn auf die See begrenzt, so daß er weiterhin an seiner optimistischen Vorstellung vom europäischen und friedensbewahrenden Gleichgewicht festhalten kann.[55] In Erklärungsnot gerät Eichhorn auch bei seiner Rezeption der Polnischen Teilungen (1772–1795). Sein Fokus auf das friedenssichernde Gleichgewicht von Europa führt dazu, daß er den Teilungsvertrag von St. Petersburg (1772 VII 25) und die Convenance-Politik Rußlands, Habsburgs und Preußens rechtfertigt. So ergreift er stets Partei für eine europäische Gleichgewichtsordnung, die er nicht als Chimäre, sondern als historisch gewachsenes und aus den Quellen nachweisbares Instrument zur Erhaltung des Friedens beschreibt.
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ANMERKUNGEN
[*] Martin Peters, Dr., Institut für Europäische Geschichte Mainz, Koordinator des DFG–Projekts »Europäische Friedensverträge der Vormoderne Online«.
[1] Hartmut Boockmann / Hermann Wellenreuther (Hg.), Geschichtswissenschaft in Göttingen. Eine Vorlesungsreihe (= Göttinger Universitätsschriften. Serie A: Schriften, Band 2). Göttingen 1987.
[2] Luigi Marino, Praeceptores Germaniae. Göttingen 1770–1820 (= Göttinger Universitätsschriften Serie A: Schriften, Band 10). Göttingen 1995. Das italienische Original wurde bereits 1975 veröffentlicht.
[3] Guiseppe D’Alessandro, L’Illuminismo Dimenticato. Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) e il suo tempo. Napoli 2000.
[4] Georg Christian Gebauer, Grundriß zu einer umständlichen Historie der vornehmsten europäischen Reiche und Staaten, mit einer Vorrede von dem mannigfaltigen Nutzen der historischen Wissenschaft. Leipzig 1733.
[5] Gottfried Achenwall, Geschichte der heutigen vornehmsten europäischen Staaten im Grundrisse, Thl. 2. Frankfurt/Oder 1767 (5. Auflage 1779).
[6] Johann Georg Meusel, Anleitung zur Kenntnis der Europäischen Staatenhistorie nach Gebauer'scher Lehrart. Leipzig 1775 (5. Auflage Leipzig 1816).
[7] Arnold Herrmann Ludwig Heeren, Handbuch der Geschichte des Europäischen Staatensystems und seiner Colonieen, von seiner Bildung seit der Entdeckung beider Indien bis zu seiner Wiederherstellung nach d. Fall des Französischen Kaiserthrons und der Freiwerdung von Amerika, 2 Theile. Göttingen 1809 (5. Auflage Göttingen 1830). Über Heeren vgl. Hellmut Seier, Arnold Herrmann Ludwig Heeren, in: Hans-Ulrich Wehler (Hg.), Deutsche Historiker, Band IX. Göttingen 1982, S. 61–80.
[8] August Ludwig Schlözer, Vorstellung Seiner Universal-Historie. Göttingen/Gotha 1772 (2. Auflage 1775).
[9] Johann Gottfried Eichhorn, Geschichte des ostindischen Handels vor Mohämmed. Gotha 1775.
[10] Rudolf Smend, Johann David Michaelis und Johann Gottfried Eichhorn – zwei Orientalisten am Rande der Theologie, in: Bend Moeller (Hg.), Theologie in Göttingen. Eine Vorlesungsreihe (= Göttinger Universitätsschriften, Serie A: Schriften, Band 1). Göttingen 1987, S. 58–81.
[11] Friedrich Schiller, Was heißt und zu welchem Ende studiert man Universalgeschichte?, in: Der Teutsche Merkur 68. Weimar 1789, S. 105–135 (=ND Horst Walter Blanke / Dirk Fleischer (Hg.), Theoretiker der deutschen Aufklärungshistorie, Band 2: Elemente der Aufklärungshistorik (= Fundamenta Historica. Texte und Forschungen, Band 1,2). Stuttgart-Bad Cannstatt 1990, S. 521–535).
[12] Johann Gottfried Eichhorn, Über den Umfang und die Methode akademischer Vorlesungen über die Universalgeschichte. Jena 1777.
[13] Johann Gottfried Eichhorn (Hg.), Repertorium für biblische und morgenländische Litteratur, Band 1 (1777)–Band 18 (1786).
[14] Johann Gottfried Eichhorn (Hg.), Allgemeine Bibliothek der biblischen Litteratur, Band 1 (1787/88)–10 (1800/01).
[15] Johann Gottfried Eichhorn, Die französische Revolution in ihrer historischen Uebersicht, 2 Bände. Göttingen 1797. Vergleiche auch Martin Peters, Revolution und Gleichgewicht: Johann Gottfried Eichhorn (1752–1827) und seine politische Position 1797–1804, in: Erich Donnert (Hg.), Europa in der Frühen Neuzeit. Festschrift für Günter Mühlpfordt, Band 6: Mittel-, Nord- und Osteuropa. Köln/Weimar/Wien 2002, S. 787–798.
[16] Johann Gottfried Eichhorn, Weltgeschichte, Band 1: Geschichte der alten Welt, von ihrem Anfang bis auf die Völkerwanderung, Band 2,1–2,2: Geschichte der neuen Welt, von der Völkerwanderung bis in das 2. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts, 3. Auflage. Göttingen 1817 (1. Auflage 1799; Neueste verb. Auflage 1818).
[17] Johann Gottfried Eichhorn, Urgeschichte des erlauchten Hauses der Welfen von 449–1055. Hannover 1816.
[18] Johann Jacob Schmauß, Einleitung zu der Staats-Wissenschafft, und Erleuterung des von ihm herausgegebenen Corporis iuris gentium academici und aller andern seit mehr als zweyen seculis her geschlossenen Bündnisse, Friedens- und Commercien-Tractaten, Die Histoire der Balance, 2 Theile. Franckfurt/O 1741–1747.
[19] Johann Christoph Adelungs pragmatische Staatsgeschichte Europens von dem Ableben Kaiser Carls 6 an bis auf die gegenwärtigen Zeiten: aus sichern Quellen und authentischen Nachrichten mit unpartheiischer Feder vorgetragen und mit nöthigen Beweisschriften bestätiget. Gotha 1767–1769.
[20] Christian Daniel Voss, Geist der merkwürdigsten Bündnisse und Friedensschlüsse des achtzehnten Jahrhunderts: mit besonderer Rücksicht auf die Theilnahme des Deutschen Reichs und der Preußischen Monarchie an denselben. Gera 1801–1802.
[21] August Ritter von Eisenhart, ADB 20, S. 461–467, besonders S. 461.
[22] Johann Friedrich Christ (Hg.), Ruhe des jetztlebenden Europa. Dargestellet in Sammlung der neuesten Europaeischen Friedens-Schlüße Wie dieselbe Unter Regierung unsers glorwürdigsten Käysers Carls des VI. Von den Utrechtischen an biß auf dieses 1726te Jahr zum Vorschein gekommen. Dem Original-Text nach emendat und zuverläßig [...]. Als ein politisches Manual-Buch ausgefertiget. Coburg 1726–1727.
[23] Christoph Wilhelm Koch, Histoire abrégée des traités de paix entre les puissances de l’Europe depuis la paix de Westphalie, 15 Bände, 1817–1818.
[24] Christoph Wilhelm Koch, Table des traités entre la France et les puissances étrangères depuis la paix de Westphalie jusqu‘ à nos jours: suivie d'un recueil de traités et actes diplomatiques, qui n'ont pas encore vu le jour. Basle 1802.
[25] Christoph Wilhelm Koch, Tableau de révolutions de l’Europe depuis le bouleversement de l’empire romain en occident jusqu‘à nos jours, 4 Bände, 1814.
[26] Anton Schindling, Humanistische Hochschule und freie Reichsstadt. Gymnasium und Akademie in Strassburg 1538–1621 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Band 77: Abteilung Universalgeschichte). Wiesbaden 1977. Jürgen Voss, Universität, Geschichtswissenschaft und Diplomatie im Zeitalter der Aufklärung. Johann Daniel Schöpflin (1694–1771) (= Veröffentlichungen des Historischen Instituts der Universität Mannheim 4). München 1979. Jean Mondot / Jean-Marie Valentin / Jürgen Voss (Hg.), Deutsche in Frankreich, Franzosen in Deutschland 1715–1789: institutionelle Verbindungen, soziale Gruppen, Stätten des Austausches (= Beihefte der Francia 25). Sigmaringen 1992.
[27] Zum Leben und Werk vgl. Martin Peters, Altes Reich und Europa. Der Historiker, Statistiker und Publizist August Ludwig (v.) Schlözer (1735–1809) (= Forschungen zur Geschichte der Neuzeit. Marburger Beiträge, Band 6). Münster/Hamburg/London 2003.
[28] Weimar, den 8. Mai 1789, in: Albert Meier / Heide Hollmer (Hg.), Johann Gottfried Herder, Italienische Reise. Briefe und Tagebuchaufzeichnungen 1788–1789. München 1989, S. 453–459, S. 454.
[29] Nr. 19: Georg Forster an S. Sömmering: Göttingen, den 17. October 1787, in: Georg Forster Werke, Briefe, Band 15: Juli 1787–1789. Berlin 1981.
[30] Gothaische gelehrte Zeitungen auf das Jahr 1782, 43. Stück, 29. May 1782, S. 338.
[31] August Ludwig Schlözer, Gedanken über die Art, die russische Historie zu traktieren (Petersburg, 01.06.1764), in: Eduard Winter (Hg.), August Ludwig v. Schlözer und Russland (= Quellen und Studien zur Geschichte Osteuropas IX). Berlin (Ost) 1961, S. 51–62.
[32] Martin Peters, August Ludwig (von) Schlözer, in: Heinz Duchhardt / Małgorzata Morawiec / Wolfgang Schmale / Winfried Schulze (Hg.), Europa-Historiker. Ein biographisches Handbuch, Band 1. Göttingen 2006, S. 79–105.
[33] August Ludwig Schlözer, Theorie der Statistik: nebst Ideen über das Studium der Politik überhaupt, Band 1: Einleitung (= Statsgelartheit nach ihren Haupttheilen im Auszug und Zusammenhang 2). Göttingen 1804, S. 72.
[34] Vergleiche die Literatur zum Gleichgewichtsdenken (Auswahl): Heinz Duchhardt, Gleichgewicht der Kräfte, Convenance, Europäisches Konzert. Friedenskongresse und Friedensschlüsse vom Zeitalter Ludwigs XIV. bis zum Wiener Kongreß (= Erträge der Forschung 56). Darmstadt 1976; Hans Fenske, Gleichgewicht, Balance, in: Otto Brunner / Werner Conze / Reinhart Koselleck (Hg.), Geschichtliche Grundbegriffe. Historisches Lexikon zur politisch-sozialen Sprache in Deutschland, Band 2: E–G (Sudienausgabe). Stuttgart 2004, S. 959–996; Arno Strohmeyer, Theorie der Interaktionen. Das europäische Gleichgewicht der Kräfte in der frühen Neuzeit. Wien/Köln/Weimar 1994; Heinz Duchhardt, Grundmuster der internationalen Beziehungen in der Frühen und Späten Neuzeit, in: Jens Siegelberg / Klaus Schlichte (Hg.), Strukturwandel internationaler Beziehungen. Zum Verhältnis von Staat und internationalem System seit dem Westfälischen Frieden (= Festschrift für Klaus Jürgen Gantzel). Wiesbaden 2000, S. 74–85; Heinz Duchhardt, The missing balance, in: Journal of the History of International Law 2 (2000), S. 67–72; Michael Hundt, Frieden und internationale Ordnung 1789–1815, in: Bernd Wegner (Hg.), Wie Kriege enden. Wege zum Frieden von der Antike bis zur Gegenwart (= Krieg in der Geschichte 14). Paderborn/München/Wien/Zürich 2002, S. 121–160, besonders S. 123–125.
[35] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 209f.
[36] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 208.
[37] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 211.
[38] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 169.
[39] Italien beschreibt Eichhorn in diesem Zusammenhang als eigenständiges regionales Staatensystem mit Vorbildcharakter für Europa. Über Italien vergleiche Strohmeyer, Theorie der Interaktionen, S. 117.
[40] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 11.
[41] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 19.
[42] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 36–37.
[43] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 196.
[44] Heinz Schilling, Formung und Gestalt des internationalen Systems in der werdenden Neuzeit – Phasen und bewegende Kräfte, in: Peter Krüger (Hg.), Kontinuität und Wandel in der Staatenordnung der Neuzeit. Beiträge zur Geschichte des internationalen Systems (Marburger Studien zur Neueren Geschichte, Band 1), S. 19–46, S. 21. Wie bei Eichhorn sind Hegemonie und Gleichgewicht auch bei Schilling die beiden zentralen heuristischen Kategorien. Allerdings teilt Schilling anders als Eichhorn die europäische Geschichte in vier Zeiträume ein. Die erste Phase ist nach Schilling gekennzeichnet durch die Zeit des habsburgischen Universalismus, die Herausforderung durch Frankreich und das osmanische Reich zwischen 1494, den Zug Karls VIII. von Frankreich nach Italien, sowie den Frieden von Cateau-Cambrésis im Jahre 1559. Die zweite Phase ist geprägt durch die Zeit der spanischen Hegemonie und die Herausforderung durch die Niederlande, England und Frankreich zwischen 1559 und 1648/59. Die dritte Phase, die sich nach Schilling von 1648/59 bis 1721, dem Nystader Friedensvertrag, erstreckt, ist die Zeit des Westfälischen Friedenssystems mit den Garantiemächten Schweden und Frankreich. Die vierte beschreibt Schilling als »Balance-of-Power-System«, das sich 1763 im Hubertusburger Frieden entfaltet und bis zum Ende Alteuropas das internationale System beherrscht habe. Am deutlichsten wird der Unterschied zwischen den beiden Systematisierungsvorschlägen in der Beurteilung des Westfälischen Friedens.
[45] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 63.
[46] Strohmeyer, Theorie, S. 114.
[47] Ebenso Ludwig Dehio, Gleichgewicht oder Hegemonie. Betrachtungen über ein Grundproblem der neueren Staatengeschichte, hg. von Klaus Hildebrand, Zürich 1996, S. 89.
[48] Klaus Malettke, Der Friede von Rijswijk (1697) im Kontext der Mächtepolitik und der Entwicklung des Europäischen Staatensystems, in: Heinz Duchhardt (Hg.), Der Friede von Rijswijk 1697 (= Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Abteilung Universalgeschichte, Beiheft 47). Mainz 1998, S. 1–45, S. 45.
[49] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 219.
[50] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 243.
[51] Johannes Burkhardt, Die Friedlosigkeit der Frühen Neuzeit. Grundlegung einer Theorie der Bellizität Europas, in: Zeitschrift für Historische Forschung 4 (1997), S. 509–574, S. 526.
[52] Duchhardt, Grundmuster, S. 77f.
[53] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 284.
[54] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 427.
[55] Eichhorn, Geschichte, Bd. 1, S. 427.
ZITIEREMPFEHLUNG
Martin Peters, Europäische Friedensverträge der Vormoderne (1500–1800) – rezipiert von Johann Gottfried Eichhorn, in: Heinz Duchhardt / Martin Peters (Hg.), Kalkül – Transfer – Symbol. Europäische Friedensverträge der Vormoderne, Mainz 2006-11-02 (Veröffentlichungen des Instituts für Europäische Geschichte Mainz, Beiheft online 1), Abschnitt 122–131.
URL: <http://www.ieg-mainz.de/vieg-online-beihefte/01-2006.html>.
URN: <urn:nbn:de:0159-2008031300>.
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